Dienstag, 22. September 2020

ULI EDEL "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"

FILMGESPRÄCH  mit ULI EDEL in Los Angeles April 1997 mit Teilnehmern eines Drehbuch-Workshops


CHRISTIANE F. - WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO auf imdb
Kinoplakat (Eurovideo)


1997 kam ich zum ersten Mal nach Los Angeles. Ich nahm an einem Drehbuch-Crash-Kurs teil. Das war ziemlich teuer, aber ich bin sehr froh, dass ich daran teilgenommen habe. Das Programm hieß ALL IN ONE und versprach zwei Wochen intensives und profesionelles Drehbuch-Training mit großartigen Lehrer und Gästen. Darunter waren Lehrkräfte der Universität, sowie Branchenverterter und Senderverantwortliche.

Eines Tages saß dann auch Uli Edel bei uns im Garten des wunderschönen alten Hauses in der Kellam Avenue, ganz in der Nähe vom Echo Park. Wir fragten ihn aus, insbesondere erzählte er dann von den Dreharbeiten zu seinem wohl berühmtesten Film.

CHRISTIANE F. - WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO wurde damals mit ganz kleinen Mitteln gedreht. Heute würde dieses Werk als Independent Film bezeichnet werden. Es war nicht so wie heute, wo irgendetwas in der Welt passiert und die Privaten TV-Sender wollen das Thema sofort mit gutem Budget verfilmen. Das Team um Edel herum hatte niemals mit solch einem Erfolg gerechnet. Das Buch, der Report vom Stern war damals schon gut eingeschlagen wie eine Bombe, in eine Gesellschaft, die solch ein Ausmaß der Drogenabhängigkeit ihrer Kinder und Jugendlichen nie wahr haben wollte. Es war die Neuheit des Problems: Kinder und Drogen. Es gab Boykottversuche, Eltern und Kritiker befürchteten, der Film würde die Jugendlichen auch noch weiter zu Drogen verführen. Doch wie es immer so ist, sorgte das Verbot und die großen Schlagzeilen für die beste Werbung. Es gab endlich mal wieder richtig lange Schlangen an den Kinos. So etwas sieht man heute nur noch sehr sehr selten, sagte Uli Edel. 

Dann überlegte er und fragte uns in die Runde, wie das heute mit den Drogen bei Jugendlichen wäre? Er wäre da nicht mehr auf dem Laufenden.
Daraufhin meldete ich mich. Anfang der 90er Jahre war ich in der Techno-Szene unterwegs. Aufputschmittel wie Ecstacy waren bei meinen Touren mit Freunden nach Holland an der Tagesordnung. Doch ich nahm nichts davon, weil ich der Fahrer war. Ich nahm diese Verantwortung sehr ernst und tanzte mit Kaffee und Bässen durch die Nacht.
Uli war davon beeindruckt und erzählte dann weiter, wie es bei seiner Produktion war.
Denn er arbeitete mit sehr kleinen Teams. Das war auch erforderlich, weil sie in der Drogen-Szene vor Ort drehen wollten. Ein großes Team wäre noch mehr aufgefallen. Einmal wollten sie ein Szene in einem U-Bahnhof drehen, um Stimmungen der Drogen- und Stricherszene einzufangen. Uli Edel entschied, dies auf Handkamera zu drehen und alles aufzunehmen, was ihm vor die Linse kam. Mit dem Ergebnis war er beim Sichten überhaupt nicht zufrieden. Noch am selben Abend rief er seinen Produzenten BERND EICHINGER an. Für beide war es der erste Zusammenarbeit nach der Filmhochschule. Sie waren beide in einer Klasse in München. Uli Edel sagte Eichinger, dass sie die ganze Szene noch einmal drehen müssten. Doch es kam nie zu einem zweiten Dreh. Eichinger vertröstete Edel zunächst auf später, vielleicht auf den letzten Drehtag und dann schließlich auf den Schneidetisch. Im Schnitt verwendeten sie die Szenen schließlich doch. Und dieses Material liferte, nach seiner Meinung, die besten Momente des Filmes. Mit ihrer dokumentarischen Hektik und den echten Junkies hatte sie absolut ihre Wirkung.

Weiter erzählte er, dass die Junkies ihm gleich die nächste Zeitungsente reingewürgt hätten. Es wurde in den Medien geschrieben, dass sie die Junkies dafür bezahlen hätten, dass sie sich unter die Film-Statisten mischten. Doch das war eher purer Zufall. Und ehrlich gesagt, selbst wenn sie eingekauft gewesen wären, Edel würde das beim nächsten Projekt vielleicht genauso noch einmal machen. Und diesmal wäre es mit Absicht. Ob sie nun von ihren Freiern das Geld für den Stoff bekommen oder von einem Filmteam. Das ist doch egal, oder?
Wir diskutierten kurz den dokumentarischen Anteil in Spielfilmen
und fragten noch einmal nach den Drehorten. War das nicht unangenehm, zum Beispiel in den Toiletten vom Bahnhof Zoo zu drehen?
Uli Edel lachte. Nein, angenehm war es sicherlich nicht. Zwar waren die Toiletten meist verhältnismäßig sauber, doch als wir wußten, dass erst gestern hier ein Drogentoter gefunden wurde, war das schon ein mulmiges Gefühl. Nachdem die Leiche weggeschafft worden war, wurde die Toilette natürlich blitze blank gesäubert und war für den Film dadurch gar nicht mehr zu gebrauchen. Mit verschmierter Schokolade auf dem Rand und an den Wänden haben sie dann die Scheiße auf dem Boden imitiert und alles war wieder eingesaut. 

Ein Teilnehmer des Workshops wollte wissen, ob er schon neue Projekte hätte und wie er sich in Los Angeles eingelebt oder eingearbeitet hätte?
Er antwortete, dass es sehr schwer wäre, sich international und besonders in Hollywood durchzusetzen. Selbst mit einem im Ausland ebenfalls sehr erfolgreichen Film wie „CHRISTIANE F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ war es unglaublich kompliziert hier anzukommen. Selbst Wolfgang Petersen hätte mit DAS BOOT im Gepäck ebenfalls mindestens 5 Jahre gebraucht. So viel Zeit braucht jeder.

Doch an jenem Tag 1997 lief es gut. Wenn alles klappt, dann dreht er bald in New York, zusammen mit ALEC BALDWIN, erzählte er. Ein Glück, dass es New York ist, denn Uli Edel mochte Los Angeles nicht so sehr. Er freute sich richtig auf das Projekt. Es ging dabei um einen guten und gläubigen Familienvater, der einen Mann umbringt und dies mit der Gerechtigkeit Gottes rechtfertigt. Ein Gerichtsdrama. Baldwin würde den Verteidiger spielen und er wäre wirklich ein toller Schauspieler. Mit ihm ist es einfach gut zu arbeiten, schwärmte Edel weiter.
Baldwin war sofort sehr begeistert von dem Drehbuch und hat auf den größten Teil seiner Gage verzichtet. Er hatte außerdem ein noch viel besseres Angebot, doch er wollte mit Edel arbeiten. Das baute ihn schon sehr auf. Außerdem setzte er sich sofort mit Edel und dem Autor zusammen und brachte einige sehr gute Ideen mit ein. Er wollte auch sehr früh mit den Proben anfangen, um sich richtig in die Rolle hineinzuversetzen. Er war ganz begeistert von der Aussicht auf diese Zusammenarbeit.


Laut Datenbank hat Uli Edel diesen Film dann nie gedreht.

Uli Edel in Los Angels, 1997. Foto: Dennis Albrecht



CHARLES RETTINGHAUS: "Wishlist" und "Designated Survivor"

PERSÖNLICHES GESPRÄCH MIT CHARLES RETTINGHAUS April 2017

Charles Rettinghaus kennt jeder Fernsehzuschauer. Angefangen von "Star Trek-Next Genration" als deutscher Synchronsprecher des "Geordi La Forge" bis zum Bösewicht "Negan" in "The Walking Dead" wurde er auch insbesondere bekannt, dass er Hollywoodstars wie Jean Claude van Damme, Jamie Foxx, Matt Damon oder Robert Downey Junior seine deutsche Stimme gab . Hier spricht er auch über seine Schauspielerei und wie die deutsche Synchronlandschaft das Niveau halten will und muss. Denn auch kritische Fragen sind erlaubt in diesem Gespräch vom 30. April 2017 im Abaton Kino. Für die Initiative "UnsereSerien" erzählt er auch über die Unabhängigkeit von WebSerien, wie z.B. die preisgekrönte funk-Serie "Wishlist", wo Charles und auch seine Tochter mitspielten.                      


Charles Rettinghaus, Dennis Albrecht und
Kameramann Andreas Schütte beim Interview 

Hier findet ihr das Video-Interview:






MATTHIAS HUES "Karate Tiger 2", "Dark Angel" und "Legion Of The Dead"

PERSÖNLICHES INTERVIEW  mit MATTHIAS HUES  Foto von Dennis Albrecht am Set von „Legion Of The Dead“ Fragen von Christian Witte:  Du hast mit...