Dienstag, 22. Dezember 2020

ANGELIKI ANTONIOU: "Verspielte Nächte"

KINODISKUSSION MIT ANGELIKI ANTONIOU
im Programmkino "Traumstern" 
in Lich (Hessen) am 11.Dezember 1997


Verspielte Nächte  auf imdb



Hans Gsänger (Traumstern-Kinoleiter): Wir haben heute Angeliki Antoniou zu Gast. Sie hat bei uns schon einmal einen Film vorgestellt und vielleicht will sie vor dem Film schon mal etwas dazu sagen?


Angeliki Antoniou: Nein, eigentlich nicht, denn ich weiß noch gar nicht was ich erzählen soll. Es ist jetzt das achte Mal, dass ich bei dem Film dabei bin und ich komme mir langsam vor wie ein Affe, der aus dem Käfig gelassen wird und immer das gleiche machen muss. Ich erzähle auch immer das gleiche. Aber vielleicht kann ich nachher erzählen, wie ich von Griechenland nach Deutschland gekommen bin. Und was ich mit Gießen zu tun habe! Zum Film, ganz kurz, möchte ich sagen, dass er diesmal, wie auch meine anderen Filme, Untertitel haben wird. Auch er ist in originaler Sprache, diesmal aber nur zu einem Zehntel. Beim letzten Film war die Hälfte mit Untertiteln. Und der Film davor ganz im Original.Es wird auch immer weniger. Viel Spaß dabei.


Nach dem Film:


Angeliki Antoniou:   Ich habe in Griechenland Architektur studiert und war nicht gerade sehr glücklich damit, weil mein Ziel schon immer das "Filme machen" war. Also bin ich dann nach Deutschland gekommen. Als erster nach ging es nach Gießen, weil ich dort einen Freund hatte, der dort Psychologie angezeigt. In Gießen kann ich mich aber auch nicht sehr wohl fühlen, es war alles so kalt. In Griechenland ist alles kleiner, die Gassen, die Häuser. Die Stadt hier kam mir so kalt vor. Dann bin ich irgendwann in einen Zug gestiegen, nach Berlin gefahren und bin dort geblieben. Ich habe dort Film studiert an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) .


Zuschauer: War dieser Film "Verspielte Nächte" vom Fernsehen organisiert oder eher für das Kino gedacht?


Angeliki Antoniou: Eigentlich kam von beiden das Geld. Er ist für das Fernsehen und für das Kino.


Zuschauer: Ich fand nämlich das Format etwas klein auf der Leinwand.


Angekili Antoniou: Ja, das stimmt. Mir kam das Bild auch etwas klein vor, aber wir haben richtig auf 35mm gefilmt.


Gsänger: Auch das Format ist 1:1,66. Das ist schon richtig so. Wir zeigen hier nur kein Cinemascope!


Angeliki Antoniou: Hat jemand noch ein paar Fragen, die nicht die Technik betreffen?


Zuschauerin: Ich fand die Maria etwas zu naiv, wie sie durch das Berlin gegangen ist, wie sie mit dem Milieu umgegangen ist. Zwar kommt sie aus Griechenland, aber das liegt ja auch nicht gerade hinter dem Mond.


Angeliki Antoniou: Oh, doch, das liegt hinter dem Mond! Das ist ein ganz anderes Leben. Sie lebt dort auf einer Insel und bringt diese Ruhe mit. Sie ist wie das Wasser. Wasser hat viel Geduld im Ansturm gegen den Felsen. Ich habe mal einen dreizehnjährigen Jungen auf einer kleinen Insel getroffen und ihn gefragt, wie viele Menschen auf der Insel leben würden. Erst drei Minuten später hat er mir eine Antwort gegeben, was mich sehr geärgert hat. Es waren gerade mal 30 Einwohner und es ist ganz klar, dass der Junge den Umgang mit anderen Menschen nicht gewohnt war. Und so ist das auch in Deutschland. Man ist es, zum Beispiel nicht gewohnt den ganzen Tag Techno-Musik zu hören.


andere Zuschauerin: Ich fand auch, dass Maria sich überhaupt nicht naiv gegeben hat. Sie verstehen ihre Umwelt sehr schnell, sie verhält sich sogar sehr intelligent.


Angeliki Antoniou: Ja, aber sie kann auch naiv sein. Denn das muss ja nicht schlimm sein. Es hat nichts mit Intelligenz zu tun. Verliebte sind ja auch naiv.


Zuschauerin: Ja, richtig. Ich finde, die Voraussetzungen sind für Maria auch ganz anders. Vor dieser Geschichte, die im Film erzählt wird, hatten die Schwestern irgendwann auch eine große und intakte Familie und diese Voraussetzung ist ja gar nicht mehr gegeben. Die Schwestern haben sich voneinander entfernt und so weiter. Für Maria ist das eine neue Situation.


Angeliki Antoniou:  Genau. Ich wollte auch keine Helden in meiner Geschichte haben. Jede Figur hat mit sich selbst zu kämpfen und am Ende gewinnt niemand etwas, selbst der Polizist geht leer aus. Ich wollte auch kein Happy-End. Mir wurde zwar gesagt, dass ich ein Happy-End hätte, doch ich finde, es ist ein offenes Ende. Wir wissen doch gar nicht, was sie mit dem Geld wirklich machen WIRD. Vielleicht spielt sie es wieder.


Zuschauerin: Mir fällt besonders angenehm auf, dass der Schnitt sehr ruhig war und sie zum größten Teil auf Filmmusik verzichtet. So war es sehr natürlich und angenehm.


Angeliki Antoniou: Danke schön! Ja, ich wollte nicht einen solchen Film machen, der so stark von der Musik getragen wird. Filme, die so voll mit Musik sind, bei denen man schon nach drei Tagen vergisst, um was es in der Story ging! Ich finde, es gibt zwei Sorten von Filmen. Der Zuschauer kann in ein McDonalds gehen und dann nicht wissen, wie es geschmeckt hat oder in ein Restaurant gehen, wo er das ist, was ihm wirklich gut schmeckt.


Zuschauer: Wie wurde der Film in Griechenland aufgenommen?


Angeliki Antoniou: Der Film läuft in drei Ländern und zwar in Deutschland, der Schweiz und Griechenland und überall wurde er ganz gut aufgenommen. Es war nur das Problem, dass der Film eben nur zu einem Zehntel in Griechenland spielt. Diesmal habe ich auch etwas anders geschrieben und zwar waren alle Komparsen in Griechenland Profi-Schauspieler. Witzig war auch die Preisvergabe. Wir haben ein paar Filmpreise bekommen, zum Beispiel bei den Hofer Filmtagen. Und Vicky Volioti hat in Deutschland den Preis für das beste Schauspiel bekommen, wogegen Jasmin Tabatabai in Thessaloniki  diesen Preis bekommen hat. 


Gsänger: War es aber nicht auch so, dass der Film in Griechenland ziemlich kritisiert wurde?


Angeliki Antoniou: Nein, das war mein vorletzter Film! Aber in Berlin habe sie schlechte Kritiken geschrieben, weil ich Berlin so negativ beschrieben habe, mit diesen vielen Baustellen!


Zuschauer: Was aber auch wahr ist! So sieht Berlin eben zur Zeit aus.


Angeliki Antoniou: Ja, sicher und die Baustellen sind sogar noch schön dargestellt! Auch die Bar ist viel schöner dargestellt als sie in wirklichen aussehen würde. Bei meinen Recherchen habe ich einen Boxkampf in München besucht, Henry Maske gegen "Rocky" 
Graciano Rocchigiani  . Dort waren auch viele Promis und Bordellbesitzer aus Hamburg zugegen. Jedenfalls sind wir nach dem Kampf in einer dieser Spiel-Kneipen gegangen, was in dieser Falle ein umgebautes mexikanisches Restaurant war. Dort konnte ich meine Recherchen machen. Es kam dann auch zu einer Razzia. Die Polizisten sind wirklich, wie in meinem Film, maskiert hereingestürmt. sterben sahen aus, wie sterben, sterben auch gegen den Terrorismus kämpfen und haben mit dieser Kamera gefilmt. Mich haben sie dann sehr lange gefilmt, da ich nicht bekannt war als Berufsspielerin. Ich habe dann eben erklärt, dass ich Filmemacherin bin und hier Recherchen mache. Außerdem wollte ich meine verspielten 800 Mark wieder haben, da ich ja noch mein Hotel bezahlen musste. Würde ich meinen Anwalt einschalten, was aber gelogen war, ich hatte gar keinen Anwalt zu vertreten. Sie haben dann auch noch Waffen im Blumenkübeln gefunden und Rauschgift. Irgendwann wurde ich dann auch freigelassen und habe dann auch nicht mehr Recherchen gemacht, da es auch sehr gefährlich werden könnte. Wenn bei der Razzia also ein Profi-Spieler losgeschossen hätte, wäre das ja nicht auszudenken.


Zuschauerin: Der Schauspieler Andre Hennicke, war das der Daniel Hoffmann im Film, der Musical-Macher?


Angeliki Antoniou: Hennicke? Nein, das war der Bar-Besitzer! Ja, ich finde er ist ein guter Schauspieler und wenn er nicht erkannt wird, jetzt wo er wie ein "Monster" aussieht, ist er noch besser!

Zuschauerin:  Den habe ich ja gar nicht mehr erkannt. Er spielte ja in ihrem letzten Film mit und hatte da noch so blonde Haare, jetzt fast eine Glatze!


Zuschauerin: Ich fand, dass die Wandlung der beiden Schwestern nicht richtig so zu sehen ist. Den „Kick“ den sie bekommen, dass man nicht wirklich sieht, wie sie sich verändert haben.


Angeliki Antoniou: Ach, ich glaube schon, dass dies eindeutig ist. Mit dem Satz: "Ich gehe zurück zu den Delphinen." Da ist es ganz klar gesagt, was sie nun vor hat. Direkt zu sagen, dass sie jetzt Meeresbiologie studieren wird, wollte ich nicht sagen. Sie werden nur den Touristen Tzatziki mehr servieren, vielleicht macht sie ja auch eine Tauchschule auf! Ich will nicht so dick auftragen in meiner Erzählweise.


Zuschauerin: Das finde ich auch so gut, der Film kommt ohne größeren Adrenalin-Ausstoß aus.

Ageliki Antoniou: Ja, es ist ein Film über die Liebe zwischen zwei Schwestern und der Suche. Ich kenne kaum jemanden in meiner Umgebung der keine Sucht hat. Ich selbst rauche zum Beispiel viel zu viel. Ich habe auch mal versucht einem Freund, der heroinabhängig war, zu helfen, musste aber einsehen, dass ich ihm nicht helfen konnte.


Zuschauerin: Haben sie eine Schwester?


Angeliki Antoniou: Nein, einen Zwillingsbruder! Haben sie Geschwister?


Zuschauerin: Ja, zwei Schwestern!


Angeliki Antoniou: Und? Haben sie sich und eine ihrer Schwestern im Film wiedererkannt?


Zuschauerin: Ja, eine davon!


Angeliki Antoniou: Und wer sind sie? Sind sie eher Maria oder Helena?


Zuschauerin: Mal so und mal anders, aber eher die Maria!


Angeliki Antoniou: Ja, mit meinem Zwillingsbruder ist es ähnlich. Er lebt noch in Athen, will dort auch bleiben, ist so ganz anders als ich. Aber sie können ja mal ihre Schwestern in diesen Film schicken!


Zuschauerin: Ja, ich werde ihn empfehlen.   

(Die Gesprächsaufzeichnungen sind nach Gedächtnisprotokoll entstanden)

Szenenfoto aus "Verspielte Nächte" (Foto: www.angelikiantoniou.com)

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