Montag, 2. November 2020

PETER LOHMEYER: "Zugvögel...Einmal nach Inari" und "Die Mutter des Killers"

KINODISKUSSION MIT PETER LOHMEYER
im Hamburger Abaton Kino im Januar 1999 




ZUGVÖGEL...EINMAL NACH INARI
 auf imdb
Foto: filmstarts.de

Vor dem Film:

Moderator: Wir haben heute Abend Peter Lohmeyer zu Gast. Jetzt mit seinem Film “Zugvögel…Einmal nach Inari“, der ja wirklich einer der erfolgreichsten Filme hier im Abaton  Kino war.


Peter Lohmeyer: Ja, wir waren alle etwas überrascht über den Erfolg des Filmes, das hat sich keiner ausgerechnet. Bei diesem Werk bin ich auch auf etwas ganz besonderes stolz. Aber das erzähle ich euch am besten nach dem Film.


Nach dem Film:

Moderator: Peter Lohmeyer hat für diese Nebenrolle den Deutschen Filmpreis gewonnen. Dazu hat Peter Lichtefeld für seine Regie und Frank Griebe für die Kameraarbeit ebenfalls den Deutschen Filmpreis gewonnen.


Peter Lohmeyer: Ja, das war genau das, was ich vorhin ansprach, worauf ich stolz bin. Und zwar auf diesen Preis.


Moderator: Dabei warst du gar nicht persönlich bei dieser Preisverleihung!?


Peter Lohmeyer: Genau. Ich drehte gerade einen Film in Argentinien, in Buenos Aires und es war ein sehr wichtiger Drehtag. Und da die Preisverleiher auch nie vorher sagen wer gewinnt und alles sehr knapp ist, war ich gerade nicht da. Ich habe dann im Hotel davon erfahren und hab mich dann natürlich doppelt gefreut. Das Ding kam dann mit der Post! (Peter Lohmeyer überlegt) Ja, das könnte ich ja auch noch erzählen: Und zwar die Geschichte mit der Gravur. Da steht ja nur erst einmal “Filmpreis“ eingraviert und der Rest “Peter Lohmeyer" sowie der Filmtitel “Zugvögel...Einmal nach Inari" muss ja auch noch rein. Somit musste das Ding noch mal weggeschickt werden, zum Innenministerium, um das eingravieren zu lassen. Das dauerte dann eine ganze Weile. Nach einigen Monaten rief ich dann dort an um zu fragen, wo sie es denn einstauben lassen würden. Zunächst wusste überhaupt niemand Bescheid. Das Ding war einfach verschwunden. Zum Glück war es ja versichert, da konnte man für 50 DM Versicherung 5000 DM “rausholen“. Doch zwei Wochen später bekam ich dann einen Anruf. Es wäre wieder aufgetaucht und sie würden es jetzt eingravieren lassen. Dann gingen wieder ein paar Wochen ins Land und dann war es endlich wieder da. Und nun staubt es bei mir ein.


Zuschauer: Wie gut kennen sie sich jetzt mit Fahrplänen aus?


Peter Lohmeyer: Nicht so gut, ehrlich gesagt!


Zuschauerin: Wie viel hat dieser Film jetzt gekostet? Es war ja kein Hollywood-Film, den sie da gedreht haben.


Peter Lohmeyer: Ja, gekostet hat er 1,8 Millionen DM. Das ist jetzt nicht soviel. Aber es liegt auch daran, dass wir in drei verschiedenen Ländern gedreht haben. Und dann mit den Schiffen immer hin und her gefahren, zwischen Finnland und Schweden, immer hin und her und hin und her. Manchmal nicht ganz so schnell. Und eben noch in Köln, dann in Dortmund und das war von daher schon sehr stressig. Da muss ich mal die Fahne hochhalten und sagen: Dass wir das geschafft haben, dafür sollten wir  Anerkennung bekommen!


Zuschauerin: Wie lange habt ihr an dem Film gedreht?


Peter Lohmeyer: Ich habe für meine Rolle nur neun Tage gebraucht. Die sieht man gar nicht. Aber für neun Tage einen Film-Preis zu bekommen ist auch ganz schön. Also, es waren insgesamt sechs Wochen, die gedreht wurden. In Inari durfte ich 8 Tage sein, davon habe ich aber nur zwei Tage gearbeitet. Also, wir waren viel in der Sauna, weil in Finnland gibt es ja nur drei Sachen: Wodka, Sauna und Handy. Es ist  kein Scherz! Da hat wirklich jeder so eins und die sind ja auch die ersten, die Störsender bauen wollen. Aber Inari war unglaublich! Zu der Zeit des “Indian Summer“ dort hinzufahren, das war eine interessante Erfahrung. Also die haben ja erzählt: Im Sommer gibt es nur Mücken, im Winter kein Licht! Und wir waren genau dazwischen. So in der Zeit, wo es am Tag zwischen 5-10 Grad war, da haben wir dort gedreht. Die Sonne schien. Und ansonsten war da ja auch nichts. Man wusste nur, da gerade aus ist Russland. Auf der anderen Seite ist Schweden. Es ist schon komisch, wenn man sich soweit weg bewegt. Und da waren auch sehr schöne Erfahrungen: Da stand wirklich, wie im Bilderbuch, ein Rentieren mitten auf der Straße. Ich hab das erst einmal für einen Scherz gehalten, als auf den Straßenschildern diese Rentiere waren. Aber dann waren sie wirklich mitten auf der Straße, sind rüber gegangen. Die haben ja da Vorfahrt.


Zuschauer: Was war das denn für ein Film in Argentinien, den sie während der Preisverleihung gedreht haben?


Peter Lohmeyer: Ach so! Ja das ist Zukunftsmusik aber auch schon Vergangenheit, weil das war ein Film, den ich mit einem spanischen Regisseur in Buenos Aires gedreht habe. Es geht um eine Geschichte, die so um 1880 spielt. Ein Deutscher und ein spanischer Emigrant kommen dort an und leben zwanzig Jahre in der Stadt. Deren Erlebnisse und Leben werden beschrieben. Der Film ist in Spanien schon angelaufen. Da war ich auf dem Filmfest in San Sebastian. Aber da es ein spanischer Film ist, wird er wahrscheinlich keinen deutschen Verleiher finden. Vielleicht zeige ich ihn mal hier im Abaton, vielleicht läuft er auch mal im Fernsehen. Es ist schade, weil ich hab ja auch vorher schon einen kubanischen Film gedreht und es ist eben eine irre Erfahrung.


Zuschauer: Wie heißt der argentinische Film?


Peter Lohmeyer: Der heißt... Moment... Der fällt mir gleich ein! Ich melde mich dann, wenn es mir wieder einfällt!


Zuschauer: Kennen sie den Film “Spiel mir das Lied vom Tod“?  Haben sie ihn kurz vorher noch mal gesehen? Es gab da ja eine wunderschöne Szene im Film "Zugvögel", die sehr daran erinnert!


Peter Lohmeyer: Ah, es hat jemand erkannt! Ich bin ja gleich oder bald 37 und meine Generation hat ja noch den guten Zugang zu diesem Western. Ich hab ihn noch im Kino gesehen oder im Fernsehen und wir sind ja da auch mit geprägt. Und es gibt ja da (im Film) ein paar Anspielungen auch auf andere Geschichten. Also ich hab das auch sehr gemocht. Es ist auch unglaublich, wenn man neben jemanden steht, der wirklich nur Finnisch redet (der finnische Polizist im Film) und das ist wirklich keine leichte Sprache. Aber die Idee kam nicht vom mir, die kam von Lichtefeld.


Zuschauer: Wie ist es dazu gekommen, dass sie auf Kuba gedreht haben?


Peter Lohmeyer: Das war auf der Berlinale, als zwei Kubaner auf mich zukamen und sie suchten einen deutschen Schauspieler. Und als ich mich schließlich darauf eingelassen hatte, habe ich die Geschichte zunächst überhaupt nicht verstanden. Sie war in Englisch geschrieben, aber das war nicht das Problem, sondern die Geschichte an sich. Cuba ist für uns oder jedenfalls für mich irre weit weg ist. Aber als ich das Buch dann verstanden hatte, habe ich natürlich sofort zugesagt, weil ich sofort Lust drauf hatte. Dann sagte der Regisseur zu mir, dass es geschätzt 5 oder 10 Sätze auf Spanisch in dem Film vorkommen werden. Es wäre gut, wenn du dich darauf vorbereitest. Das machte ich und hatte dann einen chilenischen Sprachlehrer. Oder? War das eigentlich so? Nicht das ich etwas falsches erzähle. Es war auf jeden Fall ein Lehrer aus Süd-Amerika. Mit dem habe ich dann 10 Stunden am Tag gelernt, was für eine Grundstruktur reichte. Dann bin ich schließlich nach Havanna gekommen und der Regisseur erzählte mir dort, dass sich alles geändert hätte. Er will jetzt alles auf Spanisch drehen! Ich würde nur noch 10 Sätze Deutsch sprechen! Und da Cuba ja mal das Verhältnis zum Osten von Deutschland hatte, konnten einige sogar noch etwas Deutsch. Die haben mir dann geholfen, wie auch meine Dolmetscherin. Und dann konnte ich es auch irgendwie. Aber wir haben ja nicht alles ganz chronologisch gedreht und dann wurde es schon wieder schwieriger, die Situation richtig rüberzubringen. Es war der heißeste Sommer in Havanna seit 30 Jahren! Na ja, dann war im Dezember dort Premiere und dann war das so, dass ich in Havanna vor dem Kino stand und schon so eine Schlange gesehen habe von hundert Leuten und hab mir gesagt, dass das ja schon ganz gut wäre. Dann sind wir rein und sofort auf die Bühne und da waren dann tatsächlich 1400 Kubaner. Ich wusste gar nicht, dass es so groß ist. Bin dann vorgestellt worden, hab dann auch einen Platz gefunden und war dann auch ziemlich aufgeregt, weil: Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt nichts gesehen davon. Und danach habe ich dann wirklich “Wow!“ gesagt. Es hat alles funktioniert, es war alles verständlich soweit ich das sehen konnte hat sich keiner aufgeregt. Und danach konnte ich mich auch richtig schön auf meine Rede vorbereiten und es war sogar etwas schöneres als der Bundesfilmpreis, weil ich wirklich so der erste Deutsche dort war.


Zuschauer: Was spielten sie in dem kubanischen Film für eine Rolle?


Peter Lohmeyer: Da spiele ich einen Schweden! Ja, es war irgendwie die Geschichte von einem Schweden der aus Göteborg kam, weil er irgendwie Dreck am Stecken hatte und sich fragt, was könnte er machen. Er steht da so am Flughafen und sieht eben eines dieser Plakate , so wie sie das auch machen wenn sie in den Urlaub fahren oder wegen Steuerhinterziehung abhauen müssen. Jedenfalls ist dort ein Angebot für Kuba ! Er kommt dorthin und fängt an die Touristen dort auszurauben, was die Kubaner überhaupt nicht witzig finden. Das machen die nämlich selber. Es geht aber eben auch darum, die Situation in Havanna zu beschreiben. Weil Havanna gerade dieses Problem hat! Es ist offen für Touristen hat aber immer noch diesen Konflikt mit Castro und so. Und wo ich dann gehört hatte, dass ich einen Schweden spielen sollte hatte ich so meine Bedenken- jetzt auch noch mit einem schwedischen Dialekt Spanisch sprechen. Na ja, der Titel heißt übersetzt so etwas wie “etwas vormachen“, oder “getürkt“ es gibt ja auch was mit einem Schweden... als Sprichwort oder so ähnlich (grübelt). Alter Schwede!!! Und so hat der Regisseur dann gesagt: Dann ändern wir das um, dann spielst du einen Deutschen, der sich als Schwede ausgibt! Ich werde jetzt wahrscheinlich auch meinen nächsten Film dort drehen, wieder mit den gleichen Leuten. Ich rede hier zwar von ungelegten Eiern, aber es sieht zur Zeit ganz gut aus , dass ich vor oder nach dem Sommer dort drehen werde.


Zuschauerin: Wie konnten sie so schnell spanisch sprechen!


Peter Lohmeyer: Ja , wie gesagt, ich hab das dort gelernt und in Argentinien, ein Jahr später konnte ich mit Spaniern oder was heißt mit Spaniern, konnte ich mit Argentiniern zusammen am Tisch sitzen und alles verstehen und...das muss ich noch erzählen! Mein Ritterschlag war in San Sebastian auf der Pressekonferenz. Da kam der Film nicht so gut an und da saßen dann eben 150 Journalisten und ich habe es geschafft zwei Witze zu machen, worüber alle gelacht haben, obwohl ihnen der Film nicht gefallen hat!


Zuschauer: Gibt es auch neue Projekte in Deutschland?


Peter Lohmeyer: Ja, zur Zeit hänge sehr an dem Kuba-Projekt, da das etwas besonderes ist. Da freue ich mich schon die ganze Zeit drauf. Ansonsten spiele ich bald Theater in Berlin in “Die Beleidigten“ im Gorki-Theater. Also, wer Lust hat, kann da ja mal auf den Spielplan gucken...wenn sie gerade in Berlin sind.


Zuschauer: Um was geht es da?


Peter Lohmeyer: Oh, das würde jetzt zulange dauern. Es sind nur zwei Männer und zwei Frauen auf der Bühne, die sich die ganze Zeit über sich selbst unterhalten. Es ist sehr gut, ich hätte es auch nicht geglaubt!

(Die Gesprächsaufzeichnungen sind ohne technische Mittel nach Gedächtnisprotokoll entstanden)


Peter Lohmeyer 1995 im Traumstern Kino in Lich
beim Gespräch für den Film "Bunte Hunde"
Foto: Dennis Albrecht





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