Montag, 21. September 2020

SAM MENDES: "American Beauty"

KINOGESPRÄCH: AMERICAN BEAUTYFilmdiskussion im Abaton Kino in Hamburg (Juni 2000) mit Sam Mendes

                                                                       Foto: Dreamworks


Sam Mendes betritt den Kinoraum. Angekommen bei der Leinwand wird er von Rosenblättern überschüttet, die von der Decke gekippt werden. Er steht kurz und wohlwollend im Regen der Rosenblätter. Dann geht er zum Mikrofon.


Mendes: Guten Abend! Ich freue mich wirklich, heute Abend hier in diesem wunderschön dekorierten Kino zu Gast zu sein. Ich war schon ganz angetan vom Eingang, überall Rosen. Selbst die digitalen Kameras fehlen nicht. Hallo Mama!


Er wird von mehreren Zuschauern mit DV-Kameras gefilmt, die auch im Film vorkommen. Er winkt hinein.


Zuschauer: Es gab da einige Gerüchte in der Presse, dass sie  die ersten zwei Drehtage 
vollständig wiederholen ließen. Ist das wahr?


Mendes: Natürlich ist das nicht wahr! Es lief von Anfang an alles glatt und wie geschmiert! (Er lächelt)Aber jetzt mal im Ernst: Ja, es war so passiert, ich habe alle Szenen wiederholt!


Zuschauer: Welche Szenen waren das? Und warum?


Mendes: Das war im Fast-Food Restaurant, im "Mr.Smiley". Es ist ja so, dass man die Muster (das gedrehte Material) zum Sichten erst am dritten Tag zu sehen bekommt. Man dreht den 1. Tag, dann den 2. Tag, und dann am 3. Tag sieht man erst, was man gemacht hat. Und es stimmte nichts. Absolut nichts. Das Dekor, die Lichtstimmung, die Nebenrollen, einfach alles. Ich bin dann zu Dreamworks, zu meinen Produzenten gegangen und habe gesagt, dass ich diese Szenen noch einmal drehen möchte oder eher muss. Und die haben dann kurz überlegt und ja gesagt. Ich hab aber gesagt, dass ich diesmal eine Woche dafür brauchen werde und nicht wie zunächst zwei Tage. Da kam die Zusage schon etwas zögerlicher. Denn wir hatten nur 15 Millionen Dollar Budget, das ist nicht besonders viel. Ich musste um jeden Dollar kämpfen. Doch am Ende haben alle gesagt, das es besser war. Selbst Kevin Spacey, dem ich das ganze kleinlaut beichten musste und er zunächst dachte, er hätte was falsch gemacht, war dann zufrieden.


Zuschauer: Welche Rolle spielen die Drogen in dem Film, die Lester und Ricky zu sich nehmen?


Mendes: Ich wollte jedenfalls jetzt nicht damit sagen: "Hey, nehmt Drogen und euer Leben verwandelt sich!" Es ist nur eines von vielen Dingen, die Tabu sind, aber in unserer Welt existieren. Da gibt es Gay-People, da gibt es ansatzweise Sex mit Kindern und so weiter. Die Drogen sind letztendlich nur eine Station in seiner Wandlung, mehr eigentlich nicht.


Zuschauerin: Nach der Mode anderer Filme zu urteilen, müsste es ja bald einen zweiten Teil von "American Beauty" gebe. Denken sie daran?


Mendes: (lacht) Natürlich, nach "Die Mumie 2" und "Mission Impossible 3" müsste es ihn eigentlich geben. Doch was soll noch passieren? Lester ist tot. Das ist ja gerade das schöne an dieser Story, sie ist so abgeschlossen. Er sagt am Anfang, dass er sterben wird und genau das wird auch so passieren. Außerdem habe ich besseres zu tun, als mir über eine Fortsetzung den Kopf zu zerbrechen.


Zuschauer: Haben Sie denn schon neue Projekte?


Mendes: Ich werde auf jeden Fall wieder einen Film drehen, wieder zusammen mit Dreamworks. Ich überarbeite gerade das Drehbuch und ich hoffe, im Sommer wird dann das Casting beginnen können. Und dann arbeite ich noch in London, wieder an einem Theaterstück.


Zuschauerin: Hatten sie eigentlich für sich eine Traumbesetzung? Waren sie zufrieden? Wie viel Einfluss hatten sie darauf?


Mendes: Ja, natürlich hatte ich eine Traumbesetzung. Ohne dieses Cast wäre dieser Film  niemals so geworden. Ohne Kevin, ohne Anette oder einem Chris Cooper. Nur bei den Jugendlichen hatte ich ziemlich Probleme diese zu besetzen, insbesondere bei Ricky. Ich fand irgendwie nicht den richtigen, obwohl ich nach beinahe 6 Wochen ein paar heiße Kandidaten hatte. Doch sie waren nicht ganz perfekt, obwohl wir schon fast ganz Los Angeles abgegrast hatten. Doch dann, zwei Tage, bevor wir das Casting abschließen wollten, kam Wes Bentley durch die Tür und hielt uns ein Polaroid vor die Nase. Er war darauf abgebildet. Es knisterte richtig im Raum, jeder wusste sofort, dass er es war. Die Produzenten, die Casting Agenten, einfach alle sahen die richtige Besetzung. Und es funktionierte gut mit den jungen Darstellern, mit Thora, Wes und Mena, die sich ja nun gegen diese erfahrene Gilde erst durchsetzen mussten und Kevin Spacey ist nun wirklich nicht irgendjemand.


Zuschauer: Wer hat diese tolle Musik für den Film geschrieben und wie kann man die bekommen?


Mendes: Das war Thomas Newmann und die CD müsste im Laden zu finden sein.


Zuschauer: Aber da sind nicht diese Stücke drauf, die ich meinte!


Mendes: Ja, ach so. Danach werde ich öfter gefragt. Es gibt zwei CD´s! Auf der anderen ist es dann.


Zuschauer: Und was war das für ein Song, als die Credits (der Abspann) liefen?


Mendes: Das war von den Beatles, John und Paul haben es geschrieben. Da wir jedoch nur dieses kleine Budget hatten, konnten wir es uns natürlich nicht leisten, die Rechte davon zu kaufen. Deshalb haben wir es einfach gecovert.


Zuschauer: Es gibt ja auch teilweise sehr an Slapstick erinnernde Szenen, wie zum Beispiel die Bettszene mit Anette Benning und Peter Galagher. War das so beabsichtigt?


Mendes: Ja, das war es. Ich fand die Szene sofort sehr lustig, obwohl ja viele Szenen beides oder vieles beinhalten sollten. Sie waren zum einem sehr lustig, aber auch sehr traurig. Das macht die ganze Stimmung aus, schon vom Drehbuch aus. Aber es war manchmal sehr schwer, gerade die Ernsthaftigkeit bei diesen Szenen zu halten. Als Kevin zum Beispiel unter der Bettdecke masturbierte, musste Anette jedes Mal losprusten wenn er so Sachen sagte wie: "Ja, ich reibe an meiner Banane!" Wir hatten wirklich kaum einen vernünftigen Take und selbst im Film sieht man ihr jetzt noch an, wie sie mit sich kämpft und jeden Augenblick loslachen kann. Aber vieles kam eben auch sehr improvisiert. So etwas bringen dann solche Schauspieler wiederum mit, zum Beispiel als Kevin das Gespräch mit dem Kunden am Telefon hat.


Zuschauer: Ja, genau da gab es auch eine wunderschöne Szene mit Anette Benning. Als sie das Haus nicht verkaufen konnte. Da bleiben sie mit der Kamera sehr lange stehen. Und auch in anderen Szenen kam der Schnitt sehr, sehr verzögert!


Mendes: Ja, ich wollte den Zuschauer einfach ganz allein im dunklen Raum stehen lassen, zurücklassen.


Zuschauer: Würden sie eigentlich jetzt etwas anders machen? Gibt es überhaupt etwas, was ihnen an ihrem Film nicht gefällt?


Mendes: Sicherlich. Der Film ist für mich nicht perfekt. Es gibt viele kleine Szenen oder Situationen, die ich jetzt am liebsten noch etwas anders gestalten würde und wenn es nur Kleinigkeiten sind. Zum Beispiel als Kevin mit Mena am Kühlschrank steht und er plötzlich ein Rosenblatt im Mund hat. Da haben wir beinahe eine 360 Grad Fahrt um ihn herum gemacht. Das konnte aber nicht die Kamera, weil zu wenig Platz war. Wir haben Kevin auf einen Tisch gesetzt und haben den Tisch gedreht. Das ist eine sehr erotische Szene, doch hier lief die Kamera auf Slow Motion, also mit sehr hoher Bildfrequenz. Es ist wirklich nicht sehr prickelnd, solch eine gefühlvolle Szene zu spielen und gleich neben dir macht eine Kamera „iiiiiiiiiiiiiiii„ so als ob sie gleich explodieren würde. Jedenfalls wurde der Raum dahinter perspektivisch etwas merkwürdig, durch diesen Trick. Das hätte ich gern anders gelöst. Außerdem würde ich jetzt viel eher chronologisch drehen. Ich würde auf keinen Fall mehr mit dem Fast Food Restaurant "Mr. Smiley" anfangen, sondern eher dort, wo der Film wirklich anfängt, in der Nachbarschaft, in der Familie, wo ich jeden Charakter aufbauen und vorbereiten kann. Es ist ja nicht wie im Theater, wo die Schauspieler im Spiel selbst immer chronologisch spielen können und das eine ganze Saison lang.


Zuschauer: Haben Sie denn etwas ganz bestimmtes für sich selbst gelernt, während der Produktion?


Mendes: Ob ich etwas für mich gelernt hätte? Ja, dass ich den Film, das Filmemachen liebe und auf jeden Fall wieder drehen möchte.


Zuschauer:  War es für einen Debüt-Film nicht ein sehr schwerer Stoff?


Mendes: Oh ja, das war er. Wenn ich nicht vorher die zehn Jahre Theater gehabt hätte, wäre das vielleicht nicht so gut ausgegangen. Ich bin durch die Theaterarbeit zu einem Storyteller geworden. Das Gegenteil davon ist ein Filmemacher. 




JENS BECKER: "1918-Aufstand der Matrosen", "Adamski", "Tatort" und "Grönland"

PERSÖNLICHES INTERVIEW: JENS BECKER am 15.06.2019 auf der SERIALE in Gießen (Hessen)

Jens Becker (Foto: Jens Becker)

Dennis Albrecht und Jens Becker,
auf der SERIALE in Gießen 2019
(Foto: Jens Becker)


Er war einer der letzten Studenten, die ihren Abschluss an der Konrad-Wolf Filmschule unter dem Logo der DEFA  und der DFF  gemacht haben. 1990  war sein Abschlussfilm „Grönland“ fertig. Dann ging es über Fernsehfilme (zB Tatort) zu anspruchsvollen Doku-Dramen wie zB „1918 Aufstand der Matrosen“, die für ARTE produziert wurde. Seit 2004 arbeitet er als Professor für Drehbuch an der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“. Auf dem WebSerienFestival DIE SERIALE in Gießen habe ich nach 22 Jahren wiedergetroffen, denn im Mai 1997 haben wir zusammen einen Drehbuchworkshop in Los Angeles besucht. 


DENNIS ALBRECHT: Du hast 1997 an einem Drehbuch-Workshop in Los Angeles teilgenommen und dabei Hollywood kennengelernt. Was hast du bei diesem kurzen Besuch (2 Wochen) in der Traumfabrik mitgenommen? Welche Eindrücke sind dir haften geblieben?


JENS BECKER: Also, ich fand, das war ein total spannender Ausflug in eine andere Welt, aber es hat mich auch abgeschreckt. Ich habe mich selten so sehr als Europäer gefühlt wie dort. Ja, mir war das alles fremd. Ich fand Los Angeles absolut hässlich. Das war für mich wie so eine Ansammlung von Garagen. Das war für mich aber eine ganz wichtige Exkursion, weil ich damit verstanden habe, dass mein Platz wirklich in Europa ist. Ich ticke irgendwie anders. Ich bin mit der DEFA ostsozialisiert, mit russischen Filmen, usw. Ich hatte in Babelsberg damals eine recht solide Filmausbildung. Wir haben ja ganz viele Filme gesehen. Die filmwissenschaftliche Ausbildung war so gründlich, so etwas findest du ja heute eigentlich gar nicht mehr - auch nicht in Babelsberg. Wir haben uns z.B. ein Semester nur mit Filmen des Neorealismus beschäftigt oder nur Nazifilme analysiert. Meine Ausbildung war hervorragend. Aber dieser Einschnitt 1991, als ich selbstständig und dann auf einen Markt geschmissen wurde, für den ich nicht vorbereitet war, das war schon sehr schwierig für mich. Und ich habe ja dann die ersten Jahre auch, also nach dem Erfolg von „Adamski“ (Förderpreis Max Ophüls 1994), auch sehr kommerziell gearbeitet. Ich habe einen Tatort gedreht und Serien gemacht als Autor/Regisseur. Und da habe ich aber gemerkt, dass mich das nicht glücklich macht. Ich hatte so ein bisschen meinen Lebensweg verlassen. Das war der Wendepunkt. Der Tatort hatte eine Super-Quote. Das waren über 10 Millionen Zuschauer. Das war damals irre viel, aber die Arbeit war richtig scheiße, wenn ich das mal so salopp zusammenfassen darf. Und der Film hatte nichts mehr mit mir selbst zu tun. Danach habe ich beschlossen, dass ich eine Kehrtwende mache und dass ich wieder möglichst nur noch Filme mache, die etwas mit mir zu tun haben. Ich sage „möglichst“ weil ich ja auch meine Miete bezahlen muss. Die Filme wurden dann natürlich erst einmal kleiner. Das waren dann für ein paar Jahre zum Beispiel nur ein paar Dokumentarfilme. Zum Beispiel „Henker- Der Tod hat ein Gesicht“, an dem habe ich dann 7 Jahre gearbeitet. Ich sage jetzt „nur“ Dokumentarfilme, weil das in der Öffentlichkeit nicht so als gleichwertig gegenüber den Spielfilmen angesehen wird. Weil man dann wirklich einfach weniger Geld verdient. Aber die Arbeit ist toll. Ich bin bei „Henker“ gut bezahlt worden. Es ist ja nicht so, dass man das dann nur macht. Beim Dokumentarfilm musst du immer mehrere Sachen gleichzeitig machen, um davon leben zu können. Deshalb waren das auch sehr produktive Jahre. Ich hab da in jedem Jahr 2-3 Filme gemacht, um auch einfach davon leben zu können. Und habe auch weiter Drehbücher geschrieben. Dann kommt man auch in Ecken, von denen man vorher gar nichts geahnt hat. Was ich in den letzten Jahren viel gemacht habe sind Doku-Dramen - da wo ich Spielfilm und Dokumentarfilm kombinieren kann. Und das auch noch im historischen Kontext, weil mich Geschichte total interessiert. Ich wollte als Kind Archäologe werden.

DENNIS ALBRECHT: Welchen Stellenwert siehst du in Spielszenen, die in Dokumentarfilmen eingebaut werden?

JENS BECKER: Doku-Drama heißt für mich NICHT „Reenactment“ (Nachstellen). Denn das bedeutet: Ich drehe die „Varus Schlacht“ mit 20 Komparsen, ziehe denen Kostüme und Sandalen an die Füße, lasse sie durch den Wald latschen, und ein Sprecher sagt: „Im Jahre 9 war es ein sehr warmer Sommer“. Das ist es eben NICHT. Sondern Doku-Drama heißt, dass du in den Spielfilm-Szenen reale und fiktive Figuren hast, die du in wirkliche Dilemmata schickst, d.h. es müssen echte Charaktere sein. Es sind keine Typen, die in eine historische Situation geraten und sich da als Figuren beweisen müssen. Und wenn du das so konsequent machst, dann werden das ganz lebendige Figuren, so wie im Spielfilm auch. Dann entsteht Spannung, Emotion, Identifikation oder Abstoßung. Das ist das Beste, was man aus einem Spielfilm gewinnen kann. Und wenn du das dann mit dem dokumentarischen Element verbindest, hast du auf der anderen Seite das faktische Element. Das ist dann natürlich für ein Publikum, dass sich für historische Dinge interessiert, welches auch etwas wissen und erfahren will. Aber du hast durch die Spielfilm-Seite auch eine so starke Emotion, dass du das Publikum auch richtig fesselst. Man könnte auch boshaft sagen: Doku-Drama ist eine Billig-Version vom Spielfilm. Wenn wir zum Beispiel meinen Film nehmen, „1918 - Aufstand der Matrosen“: Der hat 1.2 Millionen Euro gekostet. Also das ist ein normaler „Tatort“-Etat. Da bieten wir aber einen historischen Film, jedoch nur mit 60 Minuten netto Zeit für die Erzählung. Die anderen 30 Minuten sind dokumentarisch und damit sehr preiswert. Das heißt, die Redaktion bekommt einen 90 Minuten Film, der eine ganz starke Bildersprache hat, das Gefühl von 1918 erzählt und das für 1,2 Millionen Euro. Hätte man das als reinen Spielfilm gemacht, dann wären wir irgendwo zwischen 3-4 Millionen Euro gelandet. Es ist somit besser zu verkaufen. Und ich finde es eben ganz spannend, weil es im Idealfall das Beste aus beiden Welten vereint. Wiederum ist es ein ganz schwieriger Spagat zwischen historischer Genauigkeit und Unterhaltung. Ich muss die Geschichte so zuverlässig auf der Höhe der Zeitforschung erzählen, so dass Historiker sagen: „Im Prinzip stimmt das.“ Auf der anderen Seite muss ich das Publikum einfach unterhalten. Das haben die auch verdient. Die geben 90 Minuten ihrer Lebenszeit dafür, das zu gucken und dann sollen die auch gut unterhalten werden. Das ist aber auch hinzukriegen und das ist die hohe Kunst.

DENNIS ALBRECHT: Wie siehst du heute die realistischen Chancen für Filmstudenten? Ist der Markt nicht schon voll?

JENS BECKER: Ich sag manchmal einen bösen Satz: „Der Markt ist eigentlich voll und niemand wartet wirklich auf Drehbuchautoren. Nur die sehr guten Autoren sind immer gefragt, deswegen nehmen wir nur diese und die guten Autoren schon nicht mehr.“ Und ich kann nur für diese sehr guten Autoren sprechen. Und diese bilden wir eben in Babelsberg aus und die gehen super weg. Also, wenn die sich nicht selbst im Weg stehen, dann finden die alle ihren Platz. Und meine Erfahrung ist es, dass es gerade „goldene Zeiten“ sind für Stoffentwickler. Und es ist auch ganz schön breit gefächert. Die landen nicht nur beim Film, die sind bei Games, Hörspielen, VR-Storytelling oder schreiben Romane. Da geht für mich auch das Konzept von Babelsberg auf, da wir auch versuchen, sie möglichst breit aufzustellen und auch für Märkte, die es noch gar nicht gibt. Unsere Leute schreiben z.B. Webserien. Da haben wir uns ja heute (auf der Seriale) unterhalten, ob es da überhaupt einen Markt gibt. Ich glaube daran, dass er kommt. Ich bin davon überzeugt.

DENNIS ALBRECHT: Wie stehst du zu dem politischen Thema in Görlitz, wo Filmschaffende (im Sommer 2019) eine „Wahlempfehlung“ gegen die AfD publiziert haben?

JENS BECKER: Ich finde die AfD-Erfolge in den neuen Bundesländern sehr bedrückend, gerade als Ostdeutscher. Weil ich verstehe wo es herkommt. Ich sehe dort ganz viele Menschen, und das sind nicht unbedingt die Abgehängten dabei, sondern das geht schon quer durch alle Schichten. Da sind durchaus auch erfolgreiche Menschen, die ihren Lebensplatz gefunden haben und die trotzdem AfD wählen, weil einfach die Kränkung der Ostdeutschen so tief sitzt, dass ihre Lebensleistung in der DDR nicht anerkannt wird. Und das spiegelt sich ja auch in Filmen wieder. Es gibt ja zum Beispiel ganz viele Filme, die so grottenschlecht sind, wie „Das Leben der Anderen“ oder so, die von Ostdeutschen eher als Beleidigung aufgefasst werden. Ich glaube, dass jede Gesellschaft einen gewissen Bodensatz an rechter Politik und Rechtsradikalen hat. Und es gehört zur Demokratie, dass diese Leute Parteien gründen dürfen. Und dass sich das auch in Wahlergebnissen widerspiegelt. Allerdings, wenn jetzt eine Partei wie die AfD 20-30% bekommt, ist das wirklich bedrückend. Und zwar deshalb, weil ja diese Partei absolut keine Antworten auf viele Fragen hat. Wenn wir zum Beispiel den Bereich der Kultur nehmen, dann gehen die ja einen Weg zurück zum Nationalismus, hin auch zu Restriktionen. Das geht ja in Sachsen zum Beispiel schon los, wo sie ja relativ stark sind und wo sie fordern, die Kunst möge unpolitisch sein. Ich weiß überhaupt nicht, was das sein soll? Unpolitische Kunst!? Das gab es niemals. Schon im alten Griechenland war die Kunst immer politisch, das war nämlich Kritik an den Herrschern. Und so ist das ja heute auch. Noch nicht einmal „Fack ju Göhte“ ist unpolitisch. Das finde ich schon sehr bedrückend. Ich sehe aber auch anderseits etwas, was von Vorteil sein könnte und was uns noch nicht ganz klar ist. Wenn wir jetzt mal auf Görlitz gucken: Da hat der AfD-Kandidat im ersten Wahlgang tatsächlich die meisten Stimmen bekommen. Das hat zur Folge, dass alle anderen sich jetzt zusammenschließen müssen, um mehr Stimmen zu haben. Und das aktiviert ganz viele Leute, die vorher vielleicht gar nicht so politisch waren, die aber jetzt plötzlich begreifen: Es geht um meine Stadt! Oder es geht um mein Bundesland! Hier in Görlitz müssen sich jetzt die Anhänger der CDU, der Grünen und der Linken einig werden, einen Kandidaten zu wählen und zwar in diesem Falle jenen der CDU, um den AfD Kandidaten zu verhindern. Das finde ich ganz interessant. Die Frage ist: Schaffen wir es, eine Mehrheitsgesellschaft zu sein, die sich einig ist, im Kampf gegen Rechts und Rechtsradikal? Da entwickelt sich also ein Bewusstsein, für Schnittstellen, wo wir sagen: „Wir haben zwar verschiedene Ansichten im Detail, aber wir sind doch alle Demokraten.“ Und wenn sich eine Mehrheit einer Gesellschaft darauf einigen könnte, dass sie sich als Demokraten sehen, dann fände ich das schon toll. Dann hätte der Kampf dieser Mehrheit gegen die AfD wirklich einen Sinn. Ob in Görlitz der Bürgermeister von der AfD oder von der CDU ist, scheint auf den ersten Blick nicht relevant zu sein, denn eigentlich macht ja die Verwaltung den Job. Aber das täuscht. Denn eigentlich ist es doch so: Wenn das Rathaus von einer rechten Partei bestimmt wird, die z.B. in ihrem Programm ganz konkret zu stehen hat, dass sie Grenzen wieder hochziehen wollen, dass sie Grenzanlagen wieder aufbauen möchten, um sie in einem „Notfall“ wieder benutzen zu können. Görlitz ist eine geteilte Stadt! Das heißt auf Deutsch, die wollen da auf der Brücke über der Neiße im Grunde die Grenzsicherungsanlagen wieder so haben, dass man sie von einem Tag auf den anderen dicht machen kann. Man muss das mal wirklich konkret übersetzen. Und da fragt man sich: Hat die Filmindustrie wirklich noch Lust in solch einer Stadt zu arbeiten? Ich denke NEIN! Ich plane im Sommer einen Workshop in Görlitz mit Filmstudierenden der Hochschulen aus Babelsberg und aus Poznan/Polen. Das haben wir letztes Jahr schon einmal gemacht. Und das ist mit Slavomir Itziak, einem großartigen Kameramann aus Polen, der den Workshop leitet. Und da gibt es dann immer ein traditionelles Foto mit beiden Bürgermeistern. Mir fehlt die Fantasie, dass ich lächelnd neben einem AfD-Bürgermeister stehen könnte. Nein, das werde ich nicht machen. Und da geht es doch los. Will ich dann in solch einer Stadt drehen oder einen Workshop machen? Nein! Wenn der AfD-Kandidat jetzt gewinnen sollte, dann gehe ich woanders hin. Dann gehe ich nach Frankfurt/Oder oder so. Ich finde es wahnsinnig, dass gerade solch eine Partei gerade in Ostdeutschland Fuß fassen kann. Ich habe ja dazu ein Schlüsselerlebnis. Ich bin ja noch am 6. November 1989 „Reisekader“ geworden, wie es damals in der DDR hieß, d.h. ich konnte meine erste Westreise machen. Und mein damaliger Rektor Lothar Bisky hat mir an jenem Tag meinen Pass gegeben, damit ich zum Festival der Filmhochschule München reisen konnte. 3 Tage vor Maueröffnung. Konnte ja damals keiner wissen. Am Tag der Maueröffnung war ich auf Schloss Neuschwanstein! Das ist ein Erlebnis, das werde ich nie vergessen. Das war so krass, zu sehen, wie hoch gerüstet diese Grenze war. Und wie gefährlich die war. Das hatte ich vorher nicht wirklich im Bewusstsein, weil ich die ja nie passieren durfte. Ich erinnere mich noch sehr daran, in meiner Kindheit, an Grenzkontrollen in Polen oder nach Tschechien oder nach Ungarn . Das war immer sehr menschenfeindlich. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit an Grenzkontrollen, wenn man aus Ost-Berlin rausfuhr, in die DDR, das war ja damals noch sozusagen Zone. Auch da gab es damals noch einen Schlagbaum. Das war wirklich krass. Als ich dann in München war, da habe ich meinen ältesten westdeutschen Freund kennengelernt, Stefan Tolz, heute ein Filmproduzent und Regisseur. Wir sind bis heute noch befreundet. Und der hatte einen VW-Käfer und sagte: „Weißt du was, wir fahren heute mal nach Österreich.“ Und ich hab antwortete: „Stefan, ich kann nicht nach Österreich fahren. Wenn ich einen Stempel aus Österreich in meinem Pass habe, was meinst du was mir dann blüht? Was ich dann für einen Ärger mit der Stasi kriege!“ Und da hat er gesagt: „Du kriegst keinen Stempel! Ich habe ein Münchener Kennzeichen an meinem Auto! Wir fahren da einfach durch! Und ich habe ihm dann geglaubt. Und auch irgendwie nicht. Und ich weiß dann noch, als wir dann wirklich an der Grenze waren, ich hab mir fast eingeschissen vor Angst, weil ich dachte, wenn ich jetzt einen Stempel bekomme, dann ist es vorbei. Und dann hatten die uns durchgewinkt, nur weil wir ein Münchner Kennzeichen hatten. Das war ein Erlebnis, das werde ich in meinem ganzen Leben niemals vergessen, weil ich so etwas in meinem ganzen Leben bis dahin nie gehabt hatte. Und deswegen finde ich, dass es einer der größten Errungenschaften von Europa ist, so frei reisen dürfen. Natürlich hat das seine Schattenseiten. Es begünstigt Terroristen, wenn sie untertauchen wollen usw. Aber ich finde, die Freiheit, die wir da gewonnen haben, die kann man gar nicht hoch genug schätzen. Neben der Freiheit sollten wir auch nicht vergessen, dass wir keine Kriege mehr miteinander führen. Gerade ich, der sich so viel mit Geschichte beschäftigt, weiß das zu schätzen. Dieser Hass zwischen Deutschen und Franzosen, der Jahrhunderte lang dauerte oder Deutsche und Engländer, dieser Hass ist einfach weg! Es gibt ihn einfach nicht mehr und das ist so großartig. Und das ist etwas, was wir bewahren müssen. Das ist die Aufgabe unserer Generation und auch der nachfolgenden.

DENNIS ALBRECHT: Deine beiden Spielfilme „Grönland“ oder „Adamski“ wurden damals auf Filmmaterial gedreht. Heute kann man alles in 4K archivieren. Ist Digitalisierung ein Fluch oder ein Segen?

JENS BECKER: Beides. Das Tolle an der Digitalisierung ist, dass du Filme ganz unkompliziert und schnell in die Kinos bringen kannst. Zum Beispiel mein Doku-Drama „1918 - Aufstand der Matrosen“ ist ja ein TV-Film. Trotzdem hatten wir damit auch schon 10 Kinovorstellungen. Das geht einfach mal so. Früher hast du für eine Kopie bis zu 2.000,00 DM bezahlt und du musstest eine spezielle Filmabtastung machen. Das war richtig teuer. Das konnte man sich gar nicht leisten. Und heute? Das geht eigentlich relativ schnell. Wenn du erst einmal eine Digitalisierung hast, dann kannst du unendlich vervielfältigen. Und wenn du jetzt eine kleine Doku hast und willst den mit 10 Kopien einsetzen, dann ist es überhaupt kein Problem bei Erfolg am nächsten Samstag 20 Vorführkopien zu haben. Das kostet fast nichts. Das ist großartig. Der Nachteil ist meiner Meinung nach der, dass natürlich die Global-Player die Kinos erpressen. Wenn die Kinos die wirklich tollen Filme haben wollen, wie z.B. die „Avengers“, dann kommt die Ansage, dass du die aber auch mind. 4 Wochen spielst und davon 2 Wochen in den Hauptsälen. Das macht die Kinos kaputt. Es hat alles seinen Vor- und Nachteil. Auf die Filmgeschichte bezogen ist die Digitalisierung erst mal auch ein Nachteil, weil du musst erst einmal Geld um haben, um diese Filme zu digitalisieren. „Grönland“ z.B. wird jetzt digitalisiert, weil es ein Film aus der Wendezeit ist, der schon vergessen wurde. Und jetzt haben wir ja nächstes Jahr 30 Jahre Deutsche Wiedervereinigung. Der ist in dieser Zeit entstanden und der beschreibt diese Unsicherheit zu diesen Zeitpunkt ziemlich genau, als es die DDR nicht mehr wirklich gab, aber das neue Deutschland auch noch nicht so richtig. Und „Adamski“ ist momentan noch total in der Vergessenheit, was aber nicht dramatisch ist. Früher habe ich immer gesagt: „Das Tolle am Film ist: Wenn er einmal da ist, dann ist er für immer da. Der ist sozusagen im kollektiven Gedächtnis der Menschheit. Heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Filme kommen und gehen auch wieder. Das ist aber wirklich nicht so schlimm, da sie irgendwann wiederentdeckt werden können und man sie wieder ausgräbt. „Adamski“ hat z.B. ein ausgeprägtes Ost-Berlin-Bild von 1991-1992. Da siehst du die Stadt in einer Weise, wie man sie heutzutage gar nicht mehr kennt. Wir haben im Kaufhaus am Alex gedreht. Wir haben ganz viel in der Schönhauser Allee gedreht und in Mitte, in einer Zeit, als alles noch nicht restauriert war. Es hatte noch diese Ver-kommenheit der DDR. Wir haben im alten „Tacheles“ gedreht, was es ja schon ewig nicht mehr gibt. Und ich denke, der Film wird irgendwann wiederentdeckt werden. Ich sehe das ganz entspannt. Ich muss dafür gar nichts tun, das kommt von ganz alleine. Irgendwann.

DENNIS ALBRECHT: Wieviel Unabhängigkeit spürst du in deinen Projekten? Die „Tatort“ Arbeit hat dir damals nicht wirklich gefallen. Arbeitest du heute nur noch so, dass du darauf „Bock“ hast?

JENS BECKER: Ja! Ich hab mich nach dieser Tatort-Erfahrung vom Format-Fernsehen total verabschiedet. Das macht mich nicht glücklich. Ich mache eigentlich nur noch Sachen, auf die ich Lust habe und das geht im dokumentarischen Bereich leichter, als beim Spielfilm. Dadurch entstehen mehr Doku- als Spielfilme, was ganz simpel mit der Finanzierung zu tun hat. Spielfilme sind einfach teuer und man braucht 3-4 Jahre, bis man was vorweisen kann. Bei Doku geht es idealerweise vielleicht mal innerhalb eines Jahres. Unabhängigkeit muss nicht unbedingt heißen, dass die Idee von mir kommt. Ich bekomme relativ viele Angebote, wo ich dann die Freiheit habe, die relativ unabhängig auszugestalten. Jetzt arbeite ich an einem Projekt für die ARD. Da habe ich sehr viele Freiheiten innerhalb dieses Projektes, mich zu verwirklichen. Nur weil man eine Auftragsarbeit macht, heißt das jetzt nicht, dass man sich auch nicht verwirklichen kann. Auf der anderen Seite, bei Sachen die ich selber initiiere, da ist der Aufwand schon viel größer. Zumindest bis zu dem Punkt, wo man damit Geld verdienen kann. Und ich muss auch Geld damit verdienen, mit dem was ich mache. Deswegen ist das bei mir immer so ein Mix. Ich mache Sachen, wenn sie mir angeboten werden, wenn ich mich damit identifizieren kann und wenn ich da einen Freiraum finde, es auf meine Weise zu erzählen. Und ich versuche auch immer Sachen zu initiieren, an denen ich interessiert bin und bin da auch sehr geduldig und das dauert manchmal auch Jahre, bis daraus ein Film wird. Aber es klappt öfter mal.

DENNIS ALBRECHT: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!


Jens Becker in Los Angeles 1997 

JAMIE LEE CURTIS "Halloween 2018"

KINOGESPRÄCH: JAMIE LEE CURTIS "HALLOWEEN 2018" am 03. OKTOBER 2018 im CinemaxX Hamburg-Dammtor


Foto: Dennis Albrecht

Der Film wird nach dem Gespräch gezeigt. Jamie Lee Curtis kommt auf die Bühne. Sie ist noch etwas wütend auf ein paar Autogrammjäger, die auf dem roten Teppich vor dem Festivalkino einige Signaturen erwartet hatten. Curtis hatte jedoch jene nicht geben wollen und wurde dafür ausgebuht.

Moderator:  Es müssten jetzt 40 Jahre her sein... 


Jamie Lee Curtis: Dude! Es sind tatsächlich 40 Jahre!!! 


Moderation:  Es ist 40 Jahre her seit dem ersten "Halloween"-Film. Was hat dich aufgehalten? 


Jamie Lee Curtis: (lacht) Es nennt sich Evolution! Das ist das Schöne daran. Also, glaube mir, es war das letzte, woran ich dachte: Einen neuen Halloween-Film zu drehen! Außerdem hatte ich nichts gegen HALLOWEEN- Die Nacht des Grauens von 1978. Ich lebe einfach nur mein Leben. Ich habe tatsächlich ein ganz normales Familienleben und kümmere mich um meine eigenen Sachen, als mich DAVID GORDON GREEN dann anrief. 


Moderator:  Und sie haben dann ganz direkt und sofort "Ja!" gesagt? 


Jamie Lee Curtis:   Eigentlich hat mich JAKE GYLLENHAAL angerufen. Er ist mein Schwiegersohn. Und er hat diesen wundervollen Film gedreht, STÄRKERden David Gordon Green inszenierte.
Und er rief mich an und sagte: "Du, ich hatte diese großartige Erfahrung!" 

Der Moderator geht aus dem Rampenlicht.

Jamie Lee Curtis: Oh, komm wieder zurück ins Licht. Du musst da nicht im Schatten stehen! Du willst mit auf die Fotos aufgenommen werden!  

Sie hakt sich bei dem jungen Moderator ein und posiert für die Fotografen.

Jamie Lee Curtis:  Okay, lasst die Gerüchteküche jetzt brodeln. Ich bin nur etwas alt!

Moderator:  Ich könnte auch ihr Schwiegersohn sein! 

Jamie Lee Curtis:  Du bist mein Schwiegersohn! Ach, ihr könntet alle meine Schwiegersöhne sein! Genieß das! 

Das Publikum reagiert mit Gejohle. 


Jamie Lee Curtis:  Fangt ihr wieder an zu buhen? Schon wieder? Jetzt wirklich? Ernsthaft? Kann ich eine Sache zu diesem Buhen sagen? Ganz ehrlich. Es ist ein neues Phänomen. Außerdem, wisst ihr: Buhen? Weil jemand einfach mal "Nein" sagt? Wisst ihr, ganz ehrlich...  Außerdem wollte ich nicht unhöflich zu Euch sein. 


Moderator:  Nein, das Publikum buht jetzt nicht.


Jamie Lee Curtis:  Ja, aber sie haben vorhin gebuht! Ich fühle mich hier wie eine Schullehrerin!  Also, der Film wird nicht starten, bevor ich nicht die Bühne freimache! Ist doch wahr, oder!? Nein, ich mache nur Spass. Ihr werdet natürlich den Film sehen und ihr werdet den Film lieben. Lass uns über den Film reden! Ihr werdet diesen Film lieben! Er ist fantastisch! David Gordon Green hat einen solch unglaublichen Film gemacht.


Moderation:  Erzähl uns etwas über deine Figur, über deinen Charakter. Das letzte Mal, als...


Jamie Lee Curtis:  Aber ihr werdet den Charakter doch gleich sehen!? 


Moderator: Aber was ist der Werdegang? 


Jamie Lee Curtis: Der Werdegang!? Ihr seht doch gleich, was passiert. 


Moderator: Ja, wir wollen ja auch nichts verraten...


Jamie Lee Curtis: Genau! 


Moderator: Ja, aber wir werden ja nicht unbedingt alles sehen, was in den letzten 40 Jahren war. 


Curtis atmet tief durch und seufzt.


Jamie Lee Curtis: Okay! Gut, ich glaube, was Laurie Strode am 31. Oktober 1978 passierte und was sie schließlich am nächsten Tag tat war: Sie ging wieder zurück in die Schule! 


Publikum lacht vereinzelt.  

Jamie Lee Curtis: Ich mache keinen Spass! Ich glaube, in diesen Tagen, wo Menschen mit Gewalt und Trauma konfrontiert sind, wo sie Schnittwunden an den Armen hatte, wo ihre Arme bandagiert waren, da war nichts mehr normal. Denn ihr wisst ja, wer sie war, als sie am 31. Oktober in die Schule ging. Sie war eine Träumerin. Sie war romantisch veranlagt. Sie träumte davon einen Jungen zu küssen. Wisst ihr, sie war intelligent, sie meldete sich oft im Unterricht. Da war sie ein Mädchen, das alles vor sich hatte. Und am 1. November 1978 ging sie wieder zur Schule, weil da am Vortag dieser Freak war! Sie wurde Opfer dieser Gewalt und alle ihre Freunde waren tot. Und jeder sagte: "Oh sieh nur, da ist die Überlebende von Halloween!" Und sie flüstern weiter über sie. Das ist das, was für den Rest ihres Lebens passiert wird! Und das, was wir auch seit 40 Jahren sehen, ist eine Frau, die keine Unterstützung bekommt, keinen Halt, keine Hilfe, keine Liebe. Das ist niemand für sie. Da gab es ja dieses Foto mit diesem vielen Händen, dass ich gepostet habe. Also, bitte folgt mir jetzt nicht alle oder behauptet, Jamie hat gesagt, dass wir ihr folgen sollen. Nein, das müsste ihr nicht. Aber wenn ihr auf meiner Instagram Seite schaut, dann seht ihr eine Fotografie von "Jamie", wie sie Laurie hält. Das ist sehr bewegend. Das ist das, was niemals passierte. Niemand berührte mal ihr Gesicht und sagte: „Es wird alles wieder gut“. Und es passierte eher, in den 40 Jahre, dass sie hin und her gestoßen wurde, von Wand zu Wand. Die Männer... Sie hatte eine Kunst, dass ihr etwas weggenommen wurde. Und sie endete in großer Isolation, mit wirklich nur einem Gedanken: Michael Meyers wird zurückkommen. Er wird für sie zurückkehren. Und das hat sie geisteskrank gemacht. Und das ist die Person, die ihr am Anfang des Filmes treffen werdet. (…)


Jamie Lee Curtis erzählt an diesem Abend nicht mehr viel. Eine Promotion-Tour ist sehr anstrengend und irgendwann nervenaufreibend. Sie hatte keine gute Laune, aber trotzdem wurde sie vom Publikum geliebt.  

                       Jamie Lee Curtis im CinemaxX Dammtor Hamburg  Foto: Dennis Albrecht

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