Freitag, 4. November 2022

VANESSA JOPP: "Engel + Joe"

KINODISKUSSION MIT VANESSA JOPP
im Abaton Kino 26.10.01 in Hamburg



Vor dem Film:

Moderatorin: Und hier ist die Regisseurin Vanessa Jopp , der Hauptdarsteller Robert Stadlober und der Produzent Michael Eckelt!

Applaus, alle betreten die Bühne.

Moderatorin: Es besteht jetzt die Möglichkeit, schon vor dem Film ein paar Fragen zu stellen. Vanessa und Michael werden dann nach dem Film noch mal hier sein. Außerdem, wer hat Fragen? Sonst fange ich kurz an. Robert, erzähl doch mal von dem Soundtrack. Da habt ihr ja die Gruppe „Placebo“ für gewonnen. wie ist das zustande gekommen?

Stadlober: Äh, ja! Wir hatten am Set, damals, schon die ganze Zeit gehört ihre neuste LP. Und so bot es sich an, diese Musik auch dafür zu verwenden. Wir haben mit denen dann ja auch das Video zusammengedreht, wo Vanessa auch wieder Regie geführt hatte. Und das sind echt coole Jungs!

Moderation:  Vanessa. Wie bist du zum Beispiel zu diesem Stoff gekommen?

Jopp: Das war eigentlich durch Zufall. Ein Bekannter hatte erzählt, dass Kai Herrmann seine Spiegel-Reportage gerade zu einem Drehbuch umschreiben würde und dann hatte ich einfach mal gefragt, ob ich mir das durchlesen könnte. Aber das kann ich ja alles nach dem Film erzählen, dann bin ich ja noch mal da.

Stadlober: Genau. Und ich bin in vier Wochen wieder hier. Mal sehen, ob dann noch jemand hier ist !

Nach dem Film:

Zuschauer: Ich habe gelesen, dass die beiden Hauptdarsteller keine richtigen, also keine ausgebildeten Schauspieler waren, eher aus dem ganz normalen Leben. Würden sie sagen, dass das ein Vorteil ist.

Jopp: Also, ich weiß nicht, wo sie das gelesen haben, denn das stimmt einfach nicht. Es sind keine Laien, danach hörte sich das jetzt jedenfalls an. Gut, Jana und Robert sind keine ausgebildeten Schauspieler, aber Robert spielt schon seit er 15 ist, vor der Kamera und auf der Bühne.

Zuschauer: Es wurde gesagt, dass diese Geschichte sich wirklich abgespielt hätte. Wie istes in der Wirklichkeit zu Ende gegangen oder weitergegangen? Denn dieses Happy-End ist ja richtig zynisch. Sie haben das Kind geklaut und keiner denkt wirklich, dass jetzt alles ein gutes Ende nimmt.

Jopp: Das ist ja auch richtig. Es ist nur wieder einer ihrer Höhepunkte. Mit den beiden geht es ja den ganzen Film über auf und ab und das ist nur wieder so ein zwischenzeitlicher Lichtblick. Wie es in der Wirklichkeit weitergegangen ist, kann und darf ich hier gar nicht verraten. Die Langzeitbeobachtung, die Reportage von Kai Herrmann wurde ja irgendwann nach einander halb Jahren abgebrochen und was mit den beiden geschehen ist, was sie heute machen darf, darf ich einfach nicht erzählen.

Zuschauer: War es schwer, für solch ein Thema Geld zusammen zubekommen?

Michael Eckelt : Wir hatten eigentlich gedacht, dass bei dieser Punk- und Außenseiter-Thematik es ziemlich schwer und langwierig sein würde, dafür ein ausreichendes Budget zusammen zu bekommen, doch das ging dann schneller und leichter als wir dachten. Wir haben auch den WDR als Fernsehanstalt im Rücken und sterben waren da auch sehr cool mit diesem Thema! Und Vanessa hatte ja vorher schon „alaska.de“ gedreht, mit einem ähnlichen Thema und mit der Zusage von Robert war alles gut.

Zuschauer: Was hat der Film gekostet?

Michael Eckelt: 6 Millionen (DM)

Zuschauer: Warum würden sie sagen, dass der Film gut ist?

Jopp: Das habe ich ja eigentlich nie behauptet, weil Eigenlob ja bekanntlich stinkt.

Zuschauer: Dann formulieren wir es anders: Ich fand den Film gut!

Jopp: Das finde ich schön.

Zuschauer: Doch warum meinen sie, ist das so? Warum glauben sie, könnte der Film gut ankommen?

Jopp: Ja, von der Seite kann ich das besser zu behandeln. Aber trotzdem wüsste ich jetzt keine Antwort darauf. Das müssten sie mir, als Zuschauer, sagen. Aber, wenn ihnen der Film gefallen hat, sagen sie es ihren Freunden, dass die auch herkommen. Wir brauchen das wirklich. 

Zuschauer: Wurde dieser Film auch in der „Punk-Szene“ gezeigt, also solche Menschen, die mit diesem Thema zu tun haben?

Jopp: Ja, ja, wir hatten vor ein paar Tagen eine sehr schöne Premierenfeier in Köln, zusammen mit den Jugendlichen, die zum Teil auch mitgespielt haben. Und es gab ja auch jene, die wir gefragt haben, ob sie mitspielen wollten, die sich aber eher zurückgezogen haben und damit nichts zu tun haben wollten. Viele haben gesagt, dass es authentisch ist, dass es genau die Probleme trifft, dass es ihnen gefallen hat, andere haben aber auch gesagt, dass es zu langweilig war, zu wenig Action!

Zuschauer: Was ich aber nicht verstanden habe, ist, dass sie zwar frei sein wollen von allen Konventionen, sich nicht anpassen wollen, was sie ja schon äußerlich tun, aber trotzdem andauernd vom heiraten und verloben reden. Das passt doch nicht zusammen?

Jopp: Aber das ist so. Das habe ich bei den Recherchen bei den Jugendlichen auf der Domplatte miterlebt. Zum einen wollen sie zwar nicht zu der Gesellschaft dazugehören, aber trotzdem kommen sie aus zerrüttenden Familien und sehnen sich, weil doch nach Liebe und Geborgenheit, Sicherheit haben wollen. Sie sind auf der Suche danach.

Zuschauer: Ja, aber gleich verloben und heiraten. Ich weiß nicht, ob das da so gut reinpasst!

Michael Eckelt: Es ist ja auch so, dass diese teilweise obdachlosen Kinder sich zwar gegen alles wehren, aber wir haben es wirklich miterlebt, wie sie auf der Domplatte ihre Handys gezückt haben und Kumpels gefragt haben, ob sie den Film zur Videothek zurückgebracht haben. Also wie alle anderen "Kiddies" eigentlich auch. Und wir haben jedes Mal diese Problematik mit diesem Thema gestellt: Wir haben immer diese Frage bekommen, wie authentisch diese Szenen sind. Und kaum jemand glaubt uns, dass es wirklich so ist!

Zuschauer: Mich hat nur irritiert, dass die "Faschos" nicht mehr aufgetaucht sind. Sind die rausgeschnitten worden oder gab es sie einfach nicht mehr?

Jopp: Ich hab ja hier ein richtig fachkundiges Publikum, da muss man ja aufpassen. Es gab tatsächlich mal eine Drehbuchfassung, in der die "Faschos" noch mal auftauchen. Gut beobachtet.

Michael Eckelt: Ja, aber das war eine sehr frühe Fassung!

Jopp: Ich habe einfach die "Faschos" rausgenommen, weil ich mich auf die beiden Hauptdarsteller und ihre Beziehung zueinander konzentrieren wollte, das gab schon genug Stoff.

Zuschauer: Glauben sie, dass ihr Film auch politisch ist? Es kommt ja schon "Faschos" vor, aber die Punks selbst haben sich gar nicht so links politisch gegeben, wie sie eigentlich sein könnten. Haben sie das mit Absicht so gemacht?

Jopp: Wie gesagt, ich wollte mich auf Engel+Joe konzentrieren, auf ihre Liebesgeschichte, auf ihr Schicksal. Deshalb stehe ich da zu meinen Entscheidungen.

INGVAR AMBJORNSEN: "Elling- nicht ohne meine Mutter"

KINODISKUSSION MIT 

INGVAR AMBJORNSEN, PER CHRISTIAN ELLEFSEN und GRETA NORDRA

am 30.04.2004 im Abaton Kino Hamburg

Foto: ebay


Moderation: Mein Damen und Herren, die beiden wunderbaren Hauptdarsteller, die Mutter Grete Nordra und "Elling" Per Christian Ellefsen!


Applaus.


Moderation: Und Ingvar Ambjornsen, der Buch-Autor und somit „Vater“ von Elling! Herzlich willkommen. Ja, Herr Christian Ellefsen spricht wunderbar Deutsch, ich versuche mal das Gespräch in Deutsch zu führen. Ist das in Ordnung?


Ellefsen verzieht überrascht das Gesicht.


Ellefsen: Nach dieser Ansage, spreche ich doch lieber Englisch. Nein, ich suche Deutsch!


Moderation: Wie ist das? Man hat schon einmal Elling gespielt und im nächsten Film wird man jünger und bekommt eine Mutter!


Ellefsen: Ja, das geht mit einer kleinen Hilfe von dem Herrn mit der kleinen Perücke und extra blauen Augen und viel Dankbarkeit, zu erfahren was oder wer Elling vorher war. Es war eine spannende Arbeit, mir diesen Elling vorzustellen. Äh, das war mein Deutsch. (Ellefsen lacht)  Er ist in diesem Film offensichtlich nicht Herr über seine eigene Situation, wie auch im ersten Elling Film. Das macht ihn anders, in vielen Punkten. Und ja, das kann vielleicht eine Antwort auf diese Frage sein?


Moderation: Und wie ist das dann mit dem Spiel zwischen Elling und seiner Mutter? Wie war das?


Ellefsen: Ja, sehr schön! Nein, wirklich. Mutter ist... Aber es ist ganz anders... Wir sind irgendwie, wie "Dick und Doof", wie Stan Laurel und Oliver Hardy. Und jetzt Elling, der Große und seine kleine schöne Mutter.


Ambjornsen: Ich möchte gerne sagen, dass diese Rolle als Ellings Mutter... Das war in Norwegen etwas ganz besonderes. Absolut alle norwegischen Schauspielerinnen, die älter als 50 waren, wollten diese Rolle. Und ich glaube, wir haben die richtige gefunden!

-Applaus-
                                                        
Moderation:  Fragen wir doch mal Grethe Nordra direkt. Wie ist es denn ihnen ergangen, eine Mutter für Elling zu werden?


Nordra: Ja, es war ein Glücksfall.


Ellefsen: Ja, der Gewinner ist...


Nordra: Ja, ich dachte: Ja, ich sollte dies spielen! Denn ich bin eine Theaterschauspielerin, mit weniger Filmerfahrung. Aber sie erzählten mir, dass ich nur ganz Ich selbst sein müsste, das wäre der Grund, warum wir dich ausgewählt haben. Kleine Frau, und nicht so, ja... Sie sehen es ja. Ich war sehr glücklich in diesem Film dabei zu sein und diese Jungs kennenzulernen, auch privat. Und jeder Mann hat ja eine Mutter. Ich glaube, diese Mutter, sie war so wundervoll, in meiner Fantasie. Wie er zum Beispiel dann von der Schule kam und weint: „Keiner mag mich!“ Ich tröste ihn und sage: „Du bist der Beste, du wirst sie alle noch schlagen.“ Sie sagt es, weil sie ihn liebt!


Ambjornsen: Ich glaube, dass diese Mutter wirklich alles für Elling tun würde. Aber natürlich ist es für sie schwierig, die richtigen Dinge zu tun. Und das ist schwierig, gerade für diese Generation. Sie lebt für Elling, aber das ist auch ein Problem.


Nordra: Ja, gibt es eine Situation, die nicht im Film ist. Als Elling 5 Jahre alt war kam einmal ein Mann, um die Mutter zu besuchen. Und dann hat Elling in zwei Stunden diesen Mann begutachtet. Dieser Mann kam nie wieder und das zeigt sehr gut diese Situation.


Zuschauer: Wie ist es eigentlich mit Mallorca als Reiseziel? Hat das auch eine solche Bedeutung für Skandinavier wie für uns Deutsche? Gab es da Erfahrungen, die mit hineinspielen konnten? War das Bewusst gewählt?


Ambjornsen: Nein, in dem Buch geht es ja nicht um Mallorca, sondern um Benidorm, das ist ja wirklich die Hölle! Und ich hab das auch auf jeden Fall im Buch benutzt, weil meine Großeltern tatsächlich 4 Jahre da waren. Ich hab dann später diese wunderschöne Stadt besucht und hab dann gedacht: Oh mein Gott, hier war das?! Wirklich, diese wunderschöne Sonne in Spanien. Aber aus praktischen Gründen haben wir Mallorca benutzt. Es hat mit Geld zu tun!

                                                                  
Zuschauer: War das ein anderes Drehen für sie, ein anderes Arbeiten, weil ja vieles „on location“ gedreht wurde? War das anders als in Skandinavien zu drehen? Und wie viel ist von Spanien ins Blut von Elling gegangen?


Ellefsen: Das weiß ich nicht. Aber wir waren 4 Wochen auf Mallorca. Es war ganz schön mit der Arbeit zusammen. Das ist gut, wir hatten nur diese Arbeit. Keine Kinder! Die blieben zuhause.


Nordra: Keinen Ehemann!


Ellefsen: Kein Privatleben. Das ist sehr gut. Und diesen Film zu drehen, der auf Low Budget war... Da muss man sehr, sehr viel am Tag arbeiten. 30 Tage insgesamt für diesen Film. So geht es sehr früh los und endet sehr spät. Aber es war sehr gut in der Zusammenarbeit und wir hatten auch zwei oder drei freie Tage. Mallorca ist eine sehr schöne Insel, viele schöne Plätze.


Zuschauer: Wird es denn mehr Elling geben, soll es noch alle Bücher geben? Gibt es Planung für nächste Filme? Für den nächsten Roman, gibt es Planung noch weitere Geschichten zu erzählen? Sollen es alle Bücher noch verfilmt werden? Wie alt ist der letzte Elling-Roman?


Ambjornsen: Also ich bin mit meinem Job fertig. Denn das ist eigentlich alles lange her. Aber es gibt nicht nur Pläne, sondern jetzt geht es los. Im Oktober, mit dem dritten Film und letzten Film über Elling.


Moderation: Genau, „Liebe mich morgen“ ist der Arbeitstitel.


Ambjornsen: Ja, das ist der letzte Film.


Moderation: Was erwartet uns da?


Ambjornsen: Da müssen sie das Buch lesen. Das ist genau so! Das ist ein, im Gegensatz zu diesem Film, eine ganz direkte Adaption. Das ist etwas kompliziert. Der zweite ist ja nur eine Sequenz des zweiten Buches und der erste Film ist eigentlich das dritte Buch. Und jetzt geht es los mit Buch Nummer 4 und dann ist Schluss!


Moderation: Ist es dann auch wieder der Regisseur von Teil 1 dran?


Ambjornsen: Ja, der macht auch den dritten Film! 


Zuschauer: Warum lässt sich das erste Buch nicht verfilmen? Ich bin der Meinung, es lässt sich verfilmen, es wäre zwar eine Herausforderung, aber möglich.


Ambjornsen: Ja, eine verdammt große Herausforderung. Aber ich arbeite nicht mit Film. Ich kann diese Frage eigentlich nicht beantworten. Ich nehme an, dass es ziemlich schwierig wird, denn ist ja eigentlich 200 Seiten Monolog.


Zuschauer: Aber genau die vermisse ich ein bisschen in den Filmen!


Ambjörnsen: Alles ist möglich. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Film Nummer 3 der letzte ist. Es gibt auch einen Teil von Elling I in Film Nr 1.


Zuschauer: Ich finde die Figur von Elling sehr „speziell“ in seiner ganzen Persönlichkeit und gerade im Krankenhaus, später. Wie kommt man dazu, solch eine Figur zu erfinden und welche Erfahrungen macht man dann oder muss man haben.


Ambjornsen: Ja, ich hab ja meine eigenen Neurosen benutzt. Elling war nicht geplant. Ich hatte nicht vor über einen solchen Typen zu schreiben. Er war plötzlich mit dabei. Der Typ ist plötzlich da und ich hatte eigentlich geplant, nur ein Buch zu schreiben. Über einen ganz anderen Typ als Elling. Aber auf Seite 3 war er plötzlich da. Das klingt vielleicht etwas komisch, aber so war es. Aber es ist nichts autobiographisches darin zu finden. Ich hab natürlich meine eigene Frustration und ich habe selbst Erfahrung mit Angst und Paranoia und den ganzen Kram.


Moderation: Sie leben schon länger in Hamburg. Wie viel Hamburg ist denn in Elling oder in den Büchern?


Ambjornsen: Nein, also alles spielt ja eigentlich in Norwegen, aber wie du richtig sagst, Elling ist ja hier geboren. Aber ich glaube, Elling ist kein Norweger, kein Deutscher und ich habe einen Freund, der aus Ghana kommt und den hab ich gefragt: Gibt es da auch Ellings? Und er sagt: „Hey, komm schon! Ich kenne Elling verdammt gut!“  Und ich glaube, das ist der Trick, warum Elling nicht Norweger oder Deutscher ist. Er ist ein Mensch!


Moderation: Wie viel in Elling kann man als Schauspieler einbringen? Wie kann man ihn formen? Also, wie viel Ellefsen ist in Elling und umgekehrt?


Ellefsen: Es war für mich sehr notwendig, für mich selbst Elling zu finden. Er war ja schon davor, durch viele Theatervorführungen sehr bekannt in Norwegen. Viele Leute hatten diese Bücher gelesen. Für mich und in der Zusammenarbeit mit Peter Naess für die Theatervorstellung war es sehr wichtig, einen Menschen mitzubringen und kein Modell zu haben. Ja, es gibt eine Menge Elling in mir. Und an ihnen auch, glaube ich! So ist es! Mein Beruf ist Schauspieler, das bedeutet, dass man etwas sieht, um es dann zu spielen. Ich habe natürlich viel gelernt und mit Ingvar zusammengearbeitet in einem psychiatrischen Krankenhaus zum Beispiel.


Ambjornsen: Viele haben mich ja gefragt, ob ich Elling in der Psychiatrie gefunden habe. Das habe ich nicht! Ich hab Elling im Supermarkt gesehen und auf der Straße. Aber nie in diesem Krankenhaus. Obwohl Elling ab und zu schwer krank ist. Aber nicht immer. Ich hab Elling hier in Hamburg öfters gesehen. Seine Mutter übrigens auch. In Norwegen auch in Holland, in England, auch überall, wo ich war.


Zuschauer: War der Film auch in Spanien so bekannt? Haben die Spanier sofort gewusst, also die da mitgemacht haben, um welchen Film es geht?


Ellefsen: Ja, ich hab auf Mallorca einen jungen Mann getroffen, der aus dem Bus sprang und fragte: „Bist du der Elling?“ Auf Mallorca? Und der war total glücklich! „Bist du der echte Elling!?“ Und das erinnert mich an ein Festival, wo die Zuschauer sagten: Elling, der ist wirklich „latin“! Das sagt aus, über was wir eben sprachen! Ich meine, es ist eine ganz besondere Sache, weil wir heute beide Filme haben. Das ist wie eine Weltpremiere. Das ist zum ersten Mal, dass beide Filme gezeigt werden. Denn das ist etwas besonderes, hier nach dieser Vorstellung den ersten "Elling"-Film zu sehen. Ich finde das spannend.


Moderation: Danke schön. Ich denke, wir können uns alle noch mit unserem Elling an der Bar treffen, wenn sie möchten. Auch im entscheidenden Sinne. Viel Spaß bei der nächsten Vorstellung.


Ellefsen: Sing es im Mai! Wo singt Mann in Hamburg? 


Zuschauer: Tanzen! „Tanz in den Mai“, heißt es in Deutschland.


Ellefsen: Tanzen und singen? Ja! Aber wo? Am Rathaus oder in der Diskothek?


Zuschauer: Ja. Und in den Straßen!


Ellefsen: Ja, okay, ich komme, kein Problem!


                                          Szene aus dem Film „Elling – Nicht ohne meine Mutter“

MENNAN YAPO: "Lautlos"

KINODISKUSSION MIT MENNAN YAPO UND LARS-OLAV BEIER
 am 04.05.2004 im Abaton Kino Hamburg

Foto: Filmstarts.de


Moderation: Willkommen Mennan Yapo, der Regisseur und Lars-Olav Beier, der Drehbuchautor.  Es war ja für Euch beide das erste Werk.

Mennan Yapo: Nein, mein drittes Werk!

Moderation: Ja, aber der erste Spielfilm!

Mennan Yapo: Genau, das andere waren Kurzfilme!

Moderation: Wobei man erwähnen muss, das Mennan Yapo vorher im Marketing gearbeitet hat und unter anderem für die PR-Aktion und Werbung von "Trainspotting" zuständig war, welche ja sehr beachtlich war. Und Lars-Olav, du warst ja vorher Filmkritiker unter anderem beim Spiegel. Außerdem bist du Autor des Buches „100 Jahre Hitchcock“, das wir ja auch gemeinsam hier im Abaton vorgestellt haben! Es gibt jetzt noch ein Willkommensgeschenk: Und zwar das Buch "Action-Hero-Handbuch". Da steht alles drin, was man wissen muss, wenn man z.B. mit Außerirdischen kommunizieren will und so weiter. Jetzt aber zur ersten Frage: Wie ist der Film damals entstanden? Und wie ist es dazu gekommen, Joachim Król dafür zu gewinnen und so umzuformen?

Mennan Yapo:  Ich wollte eben einen Film über den einsamsten Menschen auf der ganzen Welt machen. Das war die Grundidee. Und über jemanden, der Angst vor der Liebe hat. Ich suchte eine Figur, für die eine Liebe wirklich lebensgefährlich werden könnte. Tja, da bin ich eben auf den Profikiller gekommen. Es geht um Einsamkeit. Ich hatte ja vorher schon einen Kurzfilm gedreht. Da ist auch schon alles etwas abgefahren. Und die Freunde sagten: „Alter du spinnst ja!“ Denn es geht um Schizophrenie, auch ausgelöst durch die Liebe. Uli Mattes spielt da einen Typen, der hat sich ziemlich zurückgezogen. Doch eines Tages sieht er sich in einem Kino selbst auf der Leinwand aus.Und zwar landet er dort in der Gummizelle. Na ja, nach diesem Kurzfilm und dieser Idee mit dem Profikiller hat mir X-Filme andauernd Autoren angeboten, weil ich nicht alles allein machen wollte. Schreiben sollte jemand anderes. Aber das waren nur Autorinnen. Die waren irgendwie der Meinung, Thriller müssten von Frauen geschrieben werden. Da war aber nichts dabei. Und bei Arnd im Büro von X-Filme, da steht ein Kicker-Tisch. Der ist ein originales Requisit aus dem Film "Absolute Giganten". Jedenfalls steht darauf ein Stapel mit Drehbüchern. Ein Projekt mit 6 verschiedenen Fassungen mit dem Namen "Rückstoß". Und Arndt sagte mir, dass ich die Finger davon lassen sollte. Denn das ist ein Actionfilm mit 20 Millionen Budget. Kaum zu realisieren. Aber ich hab mir den Stapel mitgenommen und das Buch ist echt geil!

Lars-Olav Beier: Ja, ich hatte ja dieses Buch ursprünglich für Tom Tykwer geschrieben, aber daraus wurde eben nichts. Aber dann kam dieser Anruf, dass mich da jemand kennen lernen wollte. Ich hab dann angefangen, einzelne Szenen schon mal zu schreiben, also mit dem ersten Auftrag ging es gleich los. Es begann mit dem Glas, dass in die Blumen fällt und er ihn auffängt und schon war der Titel "Lautlos" gefunden. Als Zweites habe ich die Szene mit der Armbrust, als seinen letzten "Hit" geschrieben. Wir wollten es eben schaffen, die interessanten Facetten des Tötens aufzuzeigen. Dann haben wir uns getroffen und haben erst einmal 15 Stunden über "Rückstoß" geredet, sind aber zu der Einigung gekommen, dass es zu aufwendig wäre. Dann haben wir über den Profikiller gesprochen und haben gleich beschlossen, dass wir es nicht so wie in den anderen Filmen machen, wo der alternde Profi dann sterben muss. 

Moderation: Und wie ist dann Joachim Król dazu gekommen?

Mennan Yapo: Joachim Król hat ja schon eine richtige Tradition bei X-Filme, drei Filme mit Tom Tykwer zum Beispiel. Schon in "Krieger und Kaiserin" hat er, was viele nicht wissen, für die Rolle trainiert. Er wollte unbedingt Takwando lernen und hat auch da 5 Kg für die Rolle abgenommen. X-Filme wollte sowieso mal wieder was mit Król machen und er passte genau. Er war Anfang 40, dünn musste er noch werden, aber er ist so ein Typ, wie ein Nachbar, der aber auf den zweiten Blick plötzlich interessant wird. Also haben wir ihn getroffen und er sagte: "Ja, ein toller Film für mich." Und ich sagte: "Alter, du hast die Augen, das Spiel, nur am Körper müssen wir noch arbeiten!"

Moderation: Aber wie kann man sich auf solch eine Rolle vorbereiten? Man kann ja nicht gerade einen Profi-Killer irgendwo treffen und ihn fragen?

Mennan Yapo: Nein, das kann man nicht. Aber kann man ihn körperlich trainieren. Es stand im Buch, dass sein Körper sehnig sein soll, eben durchtrainiert, als ob auch sein Körper ein Werkzeug wäre. Das soll man sehen in der Szene, wenn er sich immer rein wäscht und in diesem See schwimmen geht. Wir haben auch an seiner Haltung gearbeitet, denn er hatte ja nun hier vorne noch dieses kleine Problem (ein Bauch) und ich sagte ihm, dass er sich etwas nach vorne beugen sollte. Wenn er sich nach hinten beugt, sieht man ja noch mehr davon . Ich hab auch immer zu ihm gesagt: "Alter ich brauch dich so nach vorne, nicht so!" (Yapo streckt den Bauch raus)Zwei Damen von der Sporthochschule Köln haben dabei auch sehr geholfen. Dort hat er dann auch immer trainiert, gar nicht so weit weg von zu hause, das war wichtig. Auch das es zwei Frauen waren, denn wenn so Typ ruft: „Alter, da muss noch was gehen, zehn noch“. Ich glaube, das funktioniert nicht. Ein Arzt hat ihn dann auch noch immer wieder durchcheckt und gesagt: „Ja, der Rücken hält das durch.“ Damals war er ja auch schon Anfang 40.

Moderation: Wie sind sie zu Nadja Uhl gekommen?

Mennan Yapo: Also, erst einmal möchte ich noch was zu Christian Berkel sagen, den ich in "Das Experiment" ganz toll fand und deshalb geholt habe. Der hat das Buch gelesen und nur einen Tag später hat er mich angerufen und gesagt, dass er das Buch liebt. Und sonst mach ich nicht gern Casting. Ich habe immer eine bestimmte Vorstellung schon im Kopf und gehe dann auf Schauspieler zu, aber hier musste es sein.Und bei Nadja war alles sehr eindeutig, die kindliche Ebene zwischen den beiden Darstellern war sofort da. Auf der DVD, die dann in 6 Monaten rauskommt, habe ich diese Casting-Szenen mit hineingenommen. Und da erkennt man, dass sie schon damals genau so gespielt haben, wie dann später im Film. Auch mit Nadja war schnell alles klar. Ich hab sie dann nur noch etwas blonder machen lassen, während ich Król dunkler färben ließ.

Moderation: Wie stark sind eigentlich die Bilder, die man im Kopf hat? Und wie weit kommen da amerikanische Vorbilder mit hinein? Und hat auch das Buch „Rückstoß“  mit Einfluss genommen? Ähm, um was ging es da eigentlich?

Lars-Olav Beier:  „Rückstoß“ handelt von einer Spezial-Einheit, der PSK, die ist ähnlich wie das SEK. Ich hab nämlich immer in den Nachrichten gehört, zum Beispiel bei einer Geiselnahme: "Scharfschützen waren vor Ort". Aber hat man je gehört, dass ein Schuss von jenen gefallen ist? Die fangen mit 20 an, werden ausgebildet und hören mit 40 auf und haben meistens in ihrer ganzen Karriere keinen einzigen Schuss abgefeuert. Die sind Trainingsweltmeister! Und in diesem Stoff geht es eben um jemanden, der zum ersten Mal abgedrückt hat und es war ein sehr wortkarges Buch. Ich hatte bis zur 30. Seite nur eine einzige Dialogpassage. Und Tom Tykwer fragte mich dann irgendwann, ob ich mir vorstellen könnte, den Film ganz ohne Dialog zu schreiben. Aber ich hab dann gesagt, dass das nicht geht. Ein teurer Actionfilm ohne Dialog!? Aber auch bei "Lautlos" haben wir dann jeden Dialog auf die Waage gelegt und wirklich nur noch das aufgenommen, was den Film weiterbringt. Aber so hatte dann auch der Schauspieler eine schwierige Aufgabe. Denn sie hatte nur nnoch diese wenigen und so gehaltvollen Dialoge, die sie so wertvoll werden.

Moderation: Gut, einen Profikiller konnten sie nicht fragen, aber haben sie auch anders ihre Geschichte recherchieren can?

Mennan Yapo: Ja, ja. Ich habe zum Beispiel Armbrustschützen gefragt. Und sie bestätigten, dass es möglich sei, einen Schuss aus 100 Meter Entfernung  abzugeben.  Und auch so zu schiessen, dass er in der Tür mit dem Opfer stecken bleiben konnte. Diese Schüsse können auch als Kurve fliegen. Der Schuss ist ja über die Männer herübergegangen. Das ist zwar etwas untergegangen, aber man sah es ja auch in den Zeichnungen, mit denen er sich vorbereitete. Außerdem hatten wir einen sehr guten Waffenmeister. Ein ganz toller Kerl. Dem gehörte das ganze Arsenal, was in der Villa des Waffenhändlers zu sehen war. Und auch die "Walter", die im ersten Auftrag verwendet wurde. Denn diese Waffe ist der kleinste Kaliber, auf den auch ein Schalldämpfer draufpasst. Die hatte schon James Bond verwendet. Außerdem wollte ich erreichen, dass auch die Standorte eine Beziehung miteinander haben. Als er zum Beispiel die Frau beobachtete, da war die Kamera eigentlich genau hinter ihm. Doch diese Szene ist leider zu dunkel geworden. Da war auch in der Nachproduktion nichts mehr zu machen. Da ist dieses Konzept etwas untergegangen.  Oder ich habe darauf geachtet, dass alle Fernschüsse, also die mit dem Fernrohr, auch wirklich mit einem Tele-Objektiv geschossen wurden. Denn es hat mich nichts mehr aufgeregt, als wenn man in anderen Filmen so etwas erzählte, aber einfach eine ganz normale Optik genommen wurde. Und einen künstlichen Rahmen gezogen wurde. Wir hatten extra Brennweiten angefordert von 1200 mm bis 1500 mm. Wir hätten auch eine 2000 mm genommen, doch die haben wir nicht bekommen. Der Russe, der da "erschossen" wurde, war wirklich 90 Meter entfernt.

Moderation: In welcher Stadt hat diese Geschichte gespielt? Denn das war in diesem Film nicht erzählt. Sonst sieht man immer markanten Gebäude und man weiß, es ist in Berlin. Aber hier weiß man es nicht.

Mennan Yapo: Das haben wir bewusst so gemacht. Wird hatte eben diese Figur und haben seinen ganzen Charakter herausgepellt und haben uns dann aber gefragt: Ist das in Berlin spielt, ist das dann ein Berliner? Kommt der aus der Zone? Das passt alles nicht. Wenn er in München unterwegs sein würde, hätte uns das auch keiner geglaubt, wenn er dann über das Oktoberfest geflüchtet wäre. Aber wir können sowieso in mehreren Städten drehen. Wir mussten das wirklich tun, denn wir hatten Fördergelder und mussten somit nach München, Berlin und Stuttgart. Wir mussten es so machen. Eigentlich musst du immer ein Roadmovie drehen, dann kannst du alles vereinen.

Lars-Olav Beier: Und es gab wirklich in der 1. Fassung die Idee, die Story in 5 Städten zu erzählen. Ein Rest ist dann noch übrig geblieben, als sein Auftraggeber ihn erwartet, ob er wieder "hier wäre". Denn es war die Idee, dass er nie zwei Aufträge in einer Stadt machen würde. Es gint zu vielen Spuren. Und er sollte niemals in der Heimat einen Auftrag annehmen, das hatten wir uns überlegt.

Mennan Yapo: Einer meiner Lieblingsfilme ist auch "Seven“. Und da dachte man ja auch zunächst, das wäre in New York gedreht. Oder in Chicago, weil alles so düster war. Aber es wurde in Los Angeles gedreht. Es sollte auch bei uns universell in der Geschichte bleiben. Außer das Hotel Palace, das erzählt dann schon, dass es in Berlin gedreht ist. Das kennt ja wohl jeder.

Zuschauer: Ich wollte mal fragen, was sie für die Schauspieler geschrieben haben? Haben sie alle Gesten und Dialoge schon vorher geplant? Und wenn es so ist, hat man da nicht auch einiges an Freiheit verschenkt?

Mennan Yapo: Natürlich hat man mit Improvisation, was sie wohl meinen, mehr Freiheit. Aber dazu hatten wir einfach keine Zeit! Ich habe jedenfalls kein Wort vorgeschrieben, dass es genau so gesprochen werden muss. Und Leute wie Król oder Berkel kann man auch nicht einfach so etwas vorschreiben. Ich lerne ja noch von diesen Schauspielern. Król würde schon sagen:"Ey, Alter, das glaubt mir doch keiner!" Wir haben eine ganze Woche vor dem Dreh "Readings" gehabt. Auch total nach dem amerikanischen klassischen Vorbild. Dann aber nicht mehr groß geprobt, denn wenn man einen Dreh mit 42 Originalschauplätzen hast, dann ist einfach keine Zeit mehr, obwohl ich das Team echt gepeitscht habe. 

Zuschauer: Hatten sie ein Storyboard?

Mennan Yapo: Ja, besonders für die Action-Szenen musste ich eins machen lassen. Denn das wollte die Produktion, das ist Standard. Aber eigentlich sollte man, wenn das alles vorbereitet ist, alles über Bord werfen! Denn es ist immer unheimlich viel offen, ob das zum Beispiel mit der Location klappt und so weiter.

Zuschauer: Ich hab mich gefragt, wo die Krankenschwester plötzlich herkam. Die wurde vorher nicht gezeigt und nachher auch nicht. Die mit den Tüten, die den Mord entdeckt hat!

Mennan Yapo: Ja, die kam vom Einkaufen und musste den Mord entdecken, das ist alles. Ich weiß nicht wo das Problem liegt. Außerdem war sie sehr nett! Wir haben sie dann noch etwas sexy gemacht, mit "High Heels". Und so musste sie nur ein paar Tüten fallen lassen. Was ich aber nicht immer drin hatte: Früher bin ich da schon eher rausegangen, weil auch erst die Frage war, welche Tüten? Plastik oder Papier ? Aber dann doch Papier, schon für das Geräusch!

Zuschauerin: Ja, aber ich fand das merkwürdig! Man hat sie nie vorher gesehen?

Mennan Yapo: Ja, weil sie nie da war, wenn er seinen Ziehvater besuchte. Das ist logisch, für mich jedenfalls.

                                    
Zuschauerin: Wurden viele Szenen nachsynchronisiert?

Mennan Yapo: Es geht, es geht… Es geht. Es geht. Es geht! 50 zu 50. Außerdem habe ich zwei Jahre lang in der Synchronisation gearbeitet und es ist noch vertretbar. Aber so ein Studio kostet ja auch viel Geld und so. Wenn es zu lakonisch war oder doch etwas fehlte… Ich habe den Schauspieler immer mal gebeten, noch einmal etwas zu sprechen. Berkel hab ich zum Beispiel angerufen und gefragt: "Ey, Christian was hast du heute noch vor?" Und er sagte: „Nichts bestimmtes“. Und so bin ich zum ihm hin und hab noch schnell was aufgenommen. Oder Król, als wir noch etwas in seinem Telefongespräch brauchten. Wir haben ihn einfach angerufen und gesagt: "Alter, sag mal einfach deinen Satz am Telefon." Wir haben einfach ein Mikro drangehalten und fertig.

Moderation: Mir ist noch aufgefallen, dass dieser Killer, gegenüber anderen Profis, wie „Leon-Der Profi“ oder „Der eiskalte Engel“ eine Geschichte hatte!

Mennan Yapo: Ja, ich wollte das unbedingt haben, denn seine Geschichte ist die Dynamik zwischen den beiden Gegnern. Der Polizist muss sich erst durch seine Vergangenheit wühlen, bis er ihm in der Gegenwart auf die Schliche kommt. Erst dann kann er sich die Biographie zusammenreimen. Wir hatten zum Beispiel Kindersoldaten in Afrika als biographisches Vorbild. Die werden meist aus Waisenhäusern verschleppt, rekrutiert und es wird ihnen ein Feindbild eingetrichtert, bis sie nur noch das Töten kennen. Da ist er als Kind schon in das Totenreich eingetreten. Seine Geschichte ist dann, wie er darauf trainiert wird und ein „Workaholic des Tötens“ wird. Und richtig gelebt hat er nie. Das wollte ich. Bei "Leon - Der Profi" hat man ja nur kurz erfahren, dass er irgendwie aus Italien fliehen musste, wegen eines Unfalls mit seinem Stiefvater. Aber das erfährt man auch nur im Directors Cut. Ich wollte mehr. Wir haben ja die Biographie unserer Figur bis zum 2.Weltkrieg zurückgeschrieben. Und wir wollten ja eigentlich auch erzählen, dass Heinrich ihn für seine Zwecke benutzt hat. Jedenfalls haben wir dann in Test-Screenings auch die Zuschauer gefragt, ob sie uns die Biographie auch so abnehmen. Und sie taten es.

Zuschauer: Gab es Diskussionen über das Endbild am Meer, im weißen Anzug?

Mennan Yapo: Ja, da gab es viel Diskussion, klar! Das war immer ein Thema. Aber ich finde das Ende gar nicht so positiv. Es ist eher ein Verdammnis zu leben. Der Profiler (Christian Berkel)  hat ja am Telefon gesagt, dass sein Leben jetzt erst anfängt und für mich stehen die beiden nicht so da, dass sie jetzt für immer verliebt sind.

Lars-Olav Beier: Es gab auf jeden Fall auch mal eine Alternative, dass er nachkommt, am Strand entlang geht und dann schemahaft ihre Gestalt sieht. Dann hätten wir dort geendet. Doch wir wollten endlich mal einen Profi, der überlebt und auch der Polizist wollte ihn ja am Ende nicht mehr ergreifen, sondern begreifen.

Zuschauerin: Aber es war schon fast wie ein Bild, das mich an die Werbung erinnert, eben sehr plakativ, kitschig.

Mennan Yapo: Tja, ich sehe das nicht so.

Zuschauer: Bei "Rückstoß" habt ihr ja sehr ehrlich analysiert, was daran nicht klappen konnte. Gibt es auch in diesem Film Dinge, die ihr jetzt anders machen würdet?

Mennan Yapo: Ja, ein ziemlicher Fauxpas hab ich mir geleistet und zwar war das sein Auto! Ich fahre sehr gern selbst etwas andere und ältere Autos. Aber hier wollte ich doch ein etwas unauffälligeres Vehikel. Ein richtig dunkler Toyota, ein sehr neutraler Wagen, wo man nie so richtig wusste, was das eigentlich für eine Marke sein könnte. Ich hatte mir bei Simon diesen Typ ausgesucht, der irgendwo in Holland stehen sollte. Und Simon hat gesagt: "Das wird zu machen sein." Dann hab ich gelernt, dass in dieser Produktion ein solcher Satz nicht so viel Wert hat, denn als ich dann ans Set kam, stand dann dieses sehr auffällige Teil da. Und Simon sagte zu mir: „Na, das mit deinem Auto in Holland hat doch nicht.“ Tja, da war es auch schon zu spät. Die Kamera baut sich gerade auf und Król spielte schon drin herum, probierte alles aus. Da hätte ich sagen müssen: "Hey, wir nehmen den Golf II dahinten oder irgendwas, Das würde ich echt nie wieder tun!

Lars-Olav Beier: Und ich würde nie wieder einen Film mit so knappen Dialogen machen. Da hat man dann plötzlich sehr viel Respekt vor diesen wenigen Sätzen. Dann fängt man automatisch an, so gehaltvoll zu sprechen, weil auch so viel da drin ist. Wir hatten ja bei der Drehbuch-Fassung für die Filmförderung 93 Seiten, aber davon haben wir auch schon wieder gekürzt und nur 73 Seiten gefilmt. Wir haben alles, was nicht elementar war für den Plot, rausgeschmissen.

Mennan Yapo: Ja, der Dialog hätte realistischer werden können, wollte ich aber gar nicht. Król redet in seiner Rolle nicht, hat nicht viel zu sagen. Nina ist er gegenüber der neuen Situation auch bald sprachlos, wird auch stumm und der einzige, der viel redet ist der Profiler.

Zuschauer: Ich hab nicht ganz verstanden, warum wurde das erste Opfer von den eigenen Leuten beobachtet?

Mennan Yapo: Na ja, er wurde ja verdächtigt, etwas mit Schmiergeldern zu tun zu haben.

Zuschauer: Aber warum erzählt er dann seiner Bekanntschaft, die er ja angeblich erst seit 2 Stunden kannte, dass er verdeckter Ermittler ist? Also mir ist das noch nie passiert, dass mir gleich so etwas erzählt worden ist!

Mennan Yapo: Haben sie denn schon einmal eine verdeckte Ermittlerin kennengelernt?

Zuschauer: Das weiß ich eben nicht, weil mir diese Person das wohl nicht erzählt hat!

Mennan Yapo: Tja, vielleicht war ja die Beziehung zwischen diesen Figuren doch größer. Und mir geht es manchmal so, dass gerade Leute, die ich erst seit Kurzer Zeit kenne, mir ihre ganze Lebensgeschichte erzählen. Auch so etwas gibt es!

Lars-Olav Beier: Und natürlich gab es auch einmal eine Fassung, wo die beiden mal mehr miteinander gehabt haben!


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