Freitag, 4. November 2022

INGVAR AMBJORNSEN: "Elling- nicht ohne meine Mutter"

KINODISKUSSION MIT 

INGVAR AMBJORNSEN, PER CHRISTIAN ELLEFSEN und GRETA NORDRA

am 30.04.2004 im Abaton Kino Hamburg

Foto: ebay


Moderation: Mein Damen und Herren, die beiden wunderbaren Hauptdarsteller, die Mutter Grete Nordra und "Elling" Per Christian Ellefsen!


Applaus.


Moderation: Und Ingvar Ambjornsen, der Buch-Autor und somit „Vater“ von Elling! Herzlich willkommen. Ja, Herr Christian Ellefsen spricht wunderbar Deutsch, ich versuche mal das Gespräch in Deutsch zu führen. Ist das in Ordnung?


Ellefsen verzieht überrascht das Gesicht.


Ellefsen: Nach dieser Ansage, spreche ich doch lieber Englisch. Nein, ich suche Deutsch!


Moderation: Wie ist das? Man hat schon einmal Elling gespielt und im nächsten Film wird man jünger und bekommt eine Mutter!


Ellefsen: Ja, das geht mit einer kleinen Hilfe von dem Herrn mit der kleinen Perücke und extra blauen Augen und viel Dankbarkeit, zu erfahren was oder wer Elling vorher war. Es war eine spannende Arbeit, mir diesen Elling vorzustellen. Äh, das war mein Deutsch. (Ellefsen lacht)  Er ist in diesem Film offensichtlich nicht Herr über seine eigene Situation, wie auch im ersten Elling Film. Das macht ihn anders, in vielen Punkten. Und ja, das kann vielleicht eine Antwort auf diese Frage sein?


Moderation: Und wie ist das dann mit dem Spiel zwischen Elling und seiner Mutter? Wie war das?


Ellefsen: Ja, sehr schön! Nein, wirklich. Mutter ist... Aber es ist ganz anders... Wir sind irgendwie, wie "Dick und Doof", wie Stan Laurel und Oliver Hardy. Und jetzt Elling, der Große und seine kleine schöne Mutter.


Ambjornsen: Ich möchte gerne sagen, dass diese Rolle als Ellings Mutter... Das war in Norwegen etwas ganz besonderes. Absolut alle norwegischen Schauspielerinnen, die älter als 50 waren, wollten diese Rolle. Und ich glaube, wir haben die richtige gefunden!

-Applaus-
                                                        
Moderation:  Fragen wir doch mal Grethe Nordra direkt. Wie ist es denn ihnen ergangen, eine Mutter für Elling zu werden?


Nordra: Ja, es war ein Glücksfall.


Ellefsen: Ja, der Gewinner ist...


Nordra: Ja, ich dachte: Ja, ich sollte dies spielen! Denn ich bin eine Theaterschauspielerin, mit weniger Filmerfahrung. Aber sie erzählten mir, dass ich nur ganz Ich selbst sein müsste, das wäre der Grund, warum wir dich ausgewählt haben. Kleine Frau, und nicht so, ja... Sie sehen es ja. Ich war sehr glücklich in diesem Film dabei zu sein und diese Jungs kennenzulernen, auch privat. Und jeder Mann hat ja eine Mutter. Ich glaube, diese Mutter, sie war so wundervoll, in meiner Fantasie. Wie er zum Beispiel dann von der Schule kam und weint: „Keiner mag mich!“ Ich tröste ihn und sage: „Du bist der Beste, du wirst sie alle noch schlagen.“ Sie sagt es, weil sie ihn liebt!


Ambjornsen: Ich glaube, dass diese Mutter wirklich alles für Elling tun würde. Aber natürlich ist es für sie schwierig, die richtigen Dinge zu tun. Und das ist schwierig, gerade für diese Generation. Sie lebt für Elling, aber das ist auch ein Problem.


Nordra: Ja, gibt es eine Situation, die nicht im Film ist. Als Elling 5 Jahre alt war kam einmal ein Mann, um die Mutter zu besuchen. Und dann hat Elling in zwei Stunden diesen Mann begutachtet. Dieser Mann kam nie wieder und das zeigt sehr gut diese Situation.


Zuschauer: Wie ist es eigentlich mit Mallorca als Reiseziel? Hat das auch eine solche Bedeutung für Skandinavier wie für uns Deutsche? Gab es da Erfahrungen, die mit hineinspielen konnten? War das Bewusst gewählt?


Ambjornsen: Nein, in dem Buch geht es ja nicht um Mallorca, sondern um Benidorm, das ist ja wirklich die Hölle! Und ich hab das auch auf jeden Fall im Buch benutzt, weil meine Großeltern tatsächlich 4 Jahre da waren. Ich hab dann später diese wunderschöne Stadt besucht und hab dann gedacht: Oh mein Gott, hier war das?! Wirklich, diese wunderschöne Sonne in Spanien. Aber aus praktischen Gründen haben wir Mallorca benutzt. Es hat mit Geld zu tun!

                                                                  
Zuschauer: War das ein anderes Drehen für sie, ein anderes Arbeiten, weil ja vieles „on location“ gedreht wurde? War das anders als in Skandinavien zu drehen? Und wie viel ist von Spanien ins Blut von Elling gegangen?


Ellefsen: Das weiß ich nicht. Aber wir waren 4 Wochen auf Mallorca. Es war ganz schön mit der Arbeit zusammen. Das ist gut, wir hatten nur diese Arbeit. Keine Kinder! Die blieben zuhause.


Nordra: Keinen Ehemann!


Ellefsen: Kein Privatleben. Das ist sehr gut. Und diesen Film zu drehen, der auf Low Budget war... Da muss man sehr, sehr viel am Tag arbeiten. 30 Tage insgesamt für diesen Film. So geht es sehr früh los und endet sehr spät. Aber es war sehr gut in der Zusammenarbeit und wir hatten auch zwei oder drei freie Tage. Mallorca ist eine sehr schöne Insel, viele schöne Plätze.


Zuschauer: Wird es denn mehr Elling geben, soll es noch alle Bücher geben? Gibt es Planung für nächste Filme? Für den nächsten Roman, gibt es Planung noch weitere Geschichten zu erzählen? Sollen es alle Bücher noch verfilmt werden? Wie alt ist der letzte Elling-Roman?


Ambjornsen: Also ich bin mit meinem Job fertig. Denn das ist eigentlich alles lange her. Aber es gibt nicht nur Pläne, sondern jetzt geht es los. Im Oktober, mit dem dritten Film und letzten Film über Elling.


Moderation: Genau, „Liebe mich morgen“ ist der Arbeitstitel.


Ambjornsen: Ja, das ist der letzte Film.


Moderation: Was erwartet uns da?


Ambjornsen: Da müssen sie das Buch lesen. Das ist genau so! Das ist ein, im Gegensatz zu diesem Film, eine ganz direkte Adaption. Das ist etwas kompliziert. Der zweite ist ja nur eine Sequenz des zweiten Buches und der erste Film ist eigentlich das dritte Buch. Und jetzt geht es los mit Buch Nummer 4 und dann ist Schluss!


Moderation: Ist es dann auch wieder der Regisseur von Teil 1 dran?


Ambjornsen: Ja, der macht auch den dritten Film! 


Zuschauer: Warum lässt sich das erste Buch nicht verfilmen? Ich bin der Meinung, es lässt sich verfilmen, es wäre zwar eine Herausforderung, aber möglich.


Ambjornsen: Ja, eine verdammt große Herausforderung. Aber ich arbeite nicht mit Film. Ich kann diese Frage eigentlich nicht beantworten. Ich nehme an, dass es ziemlich schwierig wird, denn ist ja eigentlich 200 Seiten Monolog.


Zuschauer: Aber genau die vermisse ich ein bisschen in den Filmen!


Ambjörnsen: Alles ist möglich. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Film Nummer 3 der letzte ist. Es gibt auch einen Teil von Elling I in Film Nr 1.


Zuschauer: Ich finde die Figur von Elling sehr „speziell“ in seiner ganzen Persönlichkeit und gerade im Krankenhaus, später. Wie kommt man dazu, solch eine Figur zu erfinden und welche Erfahrungen macht man dann oder muss man haben.


Ambjornsen: Ja, ich hab ja meine eigenen Neurosen benutzt. Elling war nicht geplant. Ich hatte nicht vor über einen solchen Typen zu schreiben. Er war plötzlich mit dabei. Der Typ ist plötzlich da und ich hatte eigentlich geplant, nur ein Buch zu schreiben. Über einen ganz anderen Typ als Elling. Aber auf Seite 3 war er plötzlich da. Das klingt vielleicht etwas komisch, aber so war es. Aber es ist nichts autobiographisches darin zu finden. Ich hab natürlich meine eigene Frustration und ich habe selbst Erfahrung mit Angst und Paranoia und den ganzen Kram.


Moderation: Sie leben schon länger in Hamburg. Wie viel Hamburg ist denn in Elling oder in den Büchern?


Ambjornsen: Nein, also alles spielt ja eigentlich in Norwegen, aber wie du richtig sagst, Elling ist ja hier geboren. Aber ich glaube, Elling ist kein Norweger, kein Deutscher und ich habe einen Freund, der aus Ghana kommt und den hab ich gefragt: Gibt es da auch Ellings? Und er sagt: „Hey, komm schon! Ich kenne Elling verdammt gut!“  Und ich glaube, das ist der Trick, warum Elling nicht Norweger oder Deutscher ist. Er ist ein Mensch!


Moderation: Wie viel in Elling kann man als Schauspieler einbringen? Wie kann man ihn formen? Also, wie viel Ellefsen ist in Elling und umgekehrt?


Ellefsen: Es war für mich sehr notwendig, für mich selbst Elling zu finden. Er war ja schon davor, durch viele Theatervorführungen sehr bekannt in Norwegen. Viele Leute hatten diese Bücher gelesen. Für mich und in der Zusammenarbeit mit Peter Naess für die Theatervorstellung war es sehr wichtig, einen Menschen mitzubringen und kein Modell zu haben. Ja, es gibt eine Menge Elling in mir. Und an ihnen auch, glaube ich! So ist es! Mein Beruf ist Schauspieler, das bedeutet, dass man etwas sieht, um es dann zu spielen. Ich habe natürlich viel gelernt und mit Ingvar zusammengearbeitet in einem psychiatrischen Krankenhaus zum Beispiel.


Ambjornsen: Viele haben mich ja gefragt, ob ich Elling in der Psychiatrie gefunden habe. Das habe ich nicht! Ich hab Elling im Supermarkt gesehen und auf der Straße. Aber nie in diesem Krankenhaus. Obwohl Elling ab und zu schwer krank ist. Aber nicht immer. Ich hab Elling hier in Hamburg öfters gesehen. Seine Mutter übrigens auch. In Norwegen auch in Holland, in England, auch überall, wo ich war.


Zuschauer: War der Film auch in Spanien so bekannt? Haben die Spanier sofort gewusst, also die da mitgemacht haben, um welchen Film es geht?


Ellefsen: Ja, ich hab auf Mallorca einen jungen Mann getroffen, der aus dem Bus sprang und fragte: „Bist du der Elling?“ Auf Mallorca? Und der war total glücklich! „Bist du der echte Elling!?“ Und das erinnert mich an ein Festival, wo die Zuschauer sagten: Elling, der ist wirklich „latin“! Das sagt aus, über was wir eben sprachen! Ich meine, es ist eine ganz besondere Sache, weil wir heute beide Filme haben. Das ist wie eine Weltpremiere. Das ist zum ersten Mal, dass beide Filme gezeigt werden. Denn das ist etwas besonderes, hier nach dieser Vorstellung den ersten "Elling"-Film zu sehen. Ich finde das spannend.


Moderation: Danke schön. Ich denke, wir können uns alle noch mit unserem Elling an der Bar treffen, wenn sie möchten. Auch im entscheidenden Sinne. Viel Spaß bei der nächsten Vorstellung.


Ellefsen: Sing es im Mai! Wo singt Mann in Hamburg? 


Zuschauer: Tanzen! „Tanz in den Mai“, heißt es in Deutschland.


Ellefsen: Tanzen und singen? Ja! Aber wo? Am Rathaus oder in der Diskothek?


Zuschauer: Ja. Und in den Straßen!


Ellefsen: Ja, okay, ich komme, kein Problem!


                                          Szene aus dem Film „Elling – Nicht ohne meine Mutter“

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