Freitag, 4. November 2022

VANESSA JOPP: "Engel + Joe"

KINODISKUSSION MIT VANESSA JOPP
im Abaton Kino 26.10.01 in Hamburg



Vor dem Film:

Moderatorin: Und hier ist die Regisseurin Vanessa Jopp , der Hauptdarsteller Robert Stadlober und der Produzent Michael Eckelt!

Applaus, alle betreten die Bühne.

Moderatorin: Es besteht jetzt die Möglichkeit, schon vor dem Film ein paar Fragen zu stellen. Vanessa und Michael werden dann nach dem Film noch mal hier sein. Außerdem, wer hat Fragen? Sonst fange ich kurz an. Robert, erzähl doch mal von dem Soundtrack. Da habt ihr ja die Gruppe „Placebo“ für gewonnen. wie ist das zustande gekommen?

Stadlober: Äh, ja! Wir hatten am Set, damals, schon die ganze Zeit gehört ihre neuste LP. Und so bot es sich an, diese Musik auch dafür zu verwenden. Wir haben mit denen dann ja auch das Video zusammengedreht, wo Vanessa auch wieder Regie geführt hatte. Und das sind echt coole Jungs!

Moderation:  Vanessa. Wie bist du zum Beispiel zu diesem Stoff gekommen?

Jopp: Das war eigentlich durch Zufall. Ein Bekannter hatte erzählt, dass Kai Herrmann seine Spiegel-Reportage gerade zu einem Drehbuch umschreiben würde und dann hatte ich einfach mal gefragt, ob ich mir das durchlesen könnte. Aber das kann ich ja alles nach dem Film erzählen, dann bin ich ja noch mal da.

Stadlober: Genau. Und ich bin in vier Wochen wieder hier. Mal sehen, ob dann noch jemand hier ist !

Nach dem Film:

Zuschauer: Ich habe gelesen, dass die beiden Hauptdarsteller keine richtigen, also keine ausgebildeten Schauspieler waren, eher aus dem ganz normalen Leben. Würden sie sagen, dass das ein Vorteil ist.

Jopp: Also, ich weiß nicht, wo sie das gelesen haben, denn das stimmt einfach nicht. Es sind keine Laien, danach hörte sich das jetzt jedenfalls an. Gut, Jana und Robert sind keine ausgebildeten Schauspieler, aber Robert spielt schon seit er 15 ist, vor der Kamera und auf der Bühne.

Zuschauer: Es wurde gesagt, dass diese Geschichte sich wirklich abgespielt hätte. Wie istes in der Wirklichkeit zu Ende gegangen oder weitergegangen? Denn dieses Happy-End ist ja richtig zynisch. Sie haben das Kind geklaut und keiner denkt wirklich, dass jetzt alles ein gutes Ende nimmt.

Jopp: Das ist ja auch richtig. Es ist nur wieder einer ihrer Höhepunkte. Mit den beiden geht es ja den ganzen Film über auf und ab und das ist nur wieder so ein zwischenzeitlicher Lichtblick. Wie es in der Wirklichkeit weitergegangen ist, kann und darf ich hier gar nicht verraten. Die Langzeitbeobachtung, die Reportage von Kai Herrmann wurde ja irgendwann nach einander halb Jahren abgebrochen und was mit den beiden geschehen ist, was sie heute machen darf, darf ich einfach nicht erzählen.

Zuschauer: War es schwer, für solch ein Thema Geld zusammen zubekommen?

Michael Eckelt : Wir hatten eigentlich gedacht, dass bei dieser Punk- und Außenseiter-Thematik es ziemlich schwer und langwierig sein würde, dafür ein ausreichendes Budget zusammen zu bekommen, doch das ging dann schneller und leichter als wir dachten. Wir haben auch den WDR als Fernsehanstalt im Rücken und sterben waren da auch sehr cool mit diesem Thema! Und Vanessa hatte ja vorher schon „alaska.de“ gedreht, mit einem ähnlichen Thema und mit der Zusage von Robert war alles gut.

Zuschauer: Was hat der Film gekostet?

Michael Eckelt: 6 Millionen (DM)

Zuschauer: Warum würden sie sagen, dass der Film gut ist?

Jopp: Das habe ich ja eigentlich nie behauptet, weil Eigenlob ja bekanntlich stinkt.

Zuschauer: Dann formulieren wir es anders: Ich fand den Film gut!

Jopp: Das finde ich schön.

Zuschauer: Doch warum meinen sie, ist das so? Warum glauben sie, könnte der Film gut ankommen?

Jopp: Ja, von der Seite kann ich das besser zu behandeln. Aber trotzdem wüsste ich jetzt keine Antwort darauf. Das müssten sie mir, als Zuschauer, sagen. Aber, wenn ihnen der Film gefallen hat, sagen sie es ihren Freunden, dass die auch herkommen. Wir brauchen das wirklich. 

Zuschauer: Wurde dieser Film auch in der „Punk-Szene“ gezeigt, also solche Menschen, die mit diesem Thema zu tun haben?

Jopp: Ja, ja, wir hatten vor ein paar Tagen eine sehr schöne Premierenfeier in Köln, zusammen mit den Jugendlichen, die zum Teil auch mitgespielt haben. Und es gab ja auch jene, die wir gefragt haben, ob sie mitspielen wollten, die sich aber eher zurückgezogen haben und damit nichts zu tun haben wollten. Viele haben gesagt, dass es authentisch ist, dass es genau die Probleme trifft, dass es ihnen gefallen hat, andere haben aber auch gesagt, dass es zu langweilig war, zu wenig Action!

Zuschauer: Was ich aber nicht verstanden habe, ist, dass sie zwar frei sein wollen von allen Konventionen, sich nicht anpassen wollen, was sie ja schon äußerlich tun, aber trotzdem andauernd vom heiraten und verloben reden. Das passt doch nicht zusammen?

Jopp: Aber das ist so. Das habe ich bei den Recherchen bei den Jugendlichen auf der Domplatte miterlebt. Zum einen wollen sie zwar nicht zu der Gesellschaft dazugehören, aber trotzdem kommen sie aus zerrüttenden Familien und sehnen sich, weil doch nach Liebe und Geborgenheit, Sicherheit haben wollen. Sie sind auf der Suche danach.

Zuschauer: Ja, aber gleich verloben und heiraten. Ich weiß nicht, ob das da so gut reinpasst!

Michael Eckelt: Es ist ja auch so, dass diese teilweise obdachlosen Kinder sich zwar gegen alles wehren, aber wir haben es wirklich miterlebt, wie sie auf der Domplatte ihre Handys gezückt haben und Kumpels gefragt haben, ob sie den Film zur Videothek zurückgebracht haben. Also wie alle anderen "Kiddies" eigentlich auch. Und wir haben jedes Mal diese Problematik mit diesem Thema gestellt: Wir haben immer diese Frage bekommen, wie authentisch diese Szenen sind. Und kaum jemand glaubt uns, dass es wirklich so ist!

Zuschauer: Mich hat nur irritiert, dass die "Faschos" nicht mehr aufgetaucht sind. Sind die rausgeschnitten worden oder gab es sie einfach nicht mehr?

Jopp: Ich hab ja hier ein richtig fachkundiges Publikum, da muss man ja aufpassen. Es gab tatsächlich mal eine Drehbuchfassung, in der die "Faschos" noch mal auftauchen. Gut beobachtet.

Michael Eckelt: Ja, aber das war eine sehr frühe Fassung!

Jopp: Ich habe einfach die "Faschos" rausgenommen, weil ich mich auf die beiden Hauptdarsteller und ihre Beziehung zueinander konzentrieren wollte, das gab schon genug Stoff.

Zuschauer: Glauben sie, dass ihr Film auch politisch ist? Es kommt ja schon "Faschos" vor, aber die Punks selbst haben sich gar nicht so links politisch gegeben, wie sie eigentlich sein könnten. Haben sie das mit Absicht so gemacht?

Jopp: Wie gesagt, ich wollte mich auf Engel+Joe konzentrieren, auf ihre Liebesgeschichte, auf ihr Schicksal. Deshalb stehe ich da zu meinen Entscheidungen.

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